Casinos Austria: Disput um Werbung
Die OVWG (Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel) hat die Werbung des teilstaatlichen Glücksspielmonopols Casinos Austria ins Visier genommen: Die Reklamen würden gegen die EU-Gesetze verstoßen. Untermauert wird der Vorwurf mit einem akademischen Gutachten der Universität Wien. Für die Casinos entsteht damit ein weiterer Brandherd auf der Firmenagenda. Mit welchen Entwicklungen ist zu rechnen?
Ein starker Anreiz zum Glücksspiel
Schon seit längerem hat die OVWG Kritik an den österreichischen Glücksspielregeln geübt und eine Marktöffnung für internationale Anbieter gefordert. Jetzt greift der Verband die Werbestrategien des Monopols Casinos Austria an. Das teilstaatliche Unternehmen, zu dem auch die nationale Lotterie und das Online Casino win2day gehören, würde zu viele Reklamen schalten und darin seine Angebote verharmlosen.
Um den Vorwürfen mehr Nachdruck zu verleihen, hat die OVWG ein akademisches Gutachten bei der Universität Wien in Auftrag gegeben. Hierin erklärt Jörg Matthes, Professor für Publizistik und Kommunikationswissenschaft , dass die Werbestrategien von Casinos Austria in mehreren Fällen gegen die EuGH-Vorgaben der Europäischen Union verstoßen. Durch die Reklamen würde ein starker Anreiz zum Glücksspiel geschaffen, so das Fazit.
Laut EuGH gelten für die Reklamen eines Glücksspielmonopols besonders strenge Regeln: Erstens dürfen Glücksspiele nicht verharmlost werden. Zweitens dürfen Glücksspiele kein positives Image erhalten . Drittens dürfen hohe Gewinnchancen nicht auf verführerische Art dargestellt werden. Vonseiten Casinos Austria, das erst kürzlich wegen des Verdachts auf manipulierte Spielautomaten in der Kritik stand, werden die Vorwürfe zurückgewiesen.
Der Streit zwischen OVWG und Casinos Austria ist nicht neu: Schon häufig hatte der Verband Juristen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland konsultiert, um das österreichische Monopol infrage zu stellen. So wurde im Oktober 2020 ein Gutachten zweier Professoren der Universitäten Osnabrück und Passau veröffentlicht, worin eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des österreichischen Glücksspielgesetzes vorgenommen wurde. Die Akademiker gelangten zu dem Schluss, dass das Gesetz gegen die Dienstleistungsfreiheit der EU verstößt. Dagegen hatten die österreichischen Höchstgerichte die EU-Konformität des Gesetzes seit 2016 einstimmig bejaht.
Glücksspiel macht zufrieden und reich
Konkret befasste sich die Studie von Jörg Matthes mit der Wirkung der Werbung von Casinos Austria auf den Verbraucher . Die Datenerfassung lief über mehrere Jahre. Eine erste Studie erfolgte von 2009 bis 2017, eine weitere bezog sich auf den Zeitraum 2018 bis 2019. Die Analyse ergab, dass, unabhängig vom individuellen Spielverhalten, massive Werbewirkungen auf die Spielintentionen der Rezipienten auftreten.
Die Werbung wirke, so die Studie, sowohl auf Gelegenheitsspieler als auch auf regelmäßige Spieler in derselben Art und Weise. Das Fazit: Auch Nichtspieler würden zum Glücksspiel animiert . Hierbei sollen zwei Anreize der Casinos Austria-Werbung besonders stark wirken: Erstens die Botschaft, dass Glücksspiel zufrieden macht. Zweitens die Botschaft, dass Glücksspiel reich macht. Die Kombination beider Aspekte erwecke beim Rezipienten den Wunsch zu spielen.
Durch die Werbung würden also auch Neukunden angezogen, so die Schlussfolgerung der Autoren. Die Werbung würde in einer Weise betrieben, die der EuGH-Rechtsprechung zuwiderläuft. Folglich wiesen die Casinos Austria in einer Stellungnahme daraufhin, die Werbeausgaben von 2005 bis 2019 bereits um 14,2 Prozent reduziert zu haben. Außerdem sei es für den Konzern verpflichtend, Werbung als einzig lizenzierter Anbieter Österreichs in einem angemessenen Ausmaß zu schalten.
Zwei deutsche Juristen der Ludwig-Maximilians-Universität München, ebenfalls von der OVWG beauftragt, halten dagegen und erklärten die Werbestrategien von Casinos Austria aus Sicht des EuGH ebenfalls für problematisch: Sämtliche Arten von Glücksspielwerbung, die die benannten Botschaften enthalten, verstießen gegen das Verharmlosungsverbot der Europäischen Union. Das Spielen in legale Bahnen zu lenken, sei der einzig legitime Zweck, den die Glücksspielwerbung eines Monopolisten verfolgen dürfe. Die Werbung von Casinos Austria ziele jedoch eindeutig darauf ab, Neukunden zu gewinnen.
Casinos Austria in der Krise
Nicht nur die OVWG und die Vorwürfe der Spielautomatenmanipulation macht den Casinos Austria momentan zu schaffen, sondern auch die Coronakrise. Laut Vorstand müsse eine Sanierung stattfinden, die Verluste aufgrund des Lockdowns würden sich ansonsten bis Ende 2021 auf 65 Mio. Euro belaufen . Dazu kommt, dass ein im November 2019 beschlossenes Rauchverbot für eine erheblichen Rückgang an Kunden sorgte.
Um die Situation zu kontrollieren, hatten die Casinos Austria im August 2020 den umstrittenen ReFIT-Plan beschlossen, womit 350 Kündigungen einhergingen. Hierdurch sollen, laut Vorstand, 45 Mio. Euro eingespart werden. Der Betriebsrat kritisierte den Schritt scharf und erklärte, dass die Maßnahme einzig und allein den Aktionären diene . Zudem soll es zu Gehaltskürzungen gekommen sein, von denen lediglich das Management ausgeschlossen war.
Ein weiterer Punkt, der die Casinos Austria nach wie vor schwer belastet, ist eine Affäre um Korruption und dubiose Postenbesetzungen aus Dezember 2019. Der Verdacht: Der Konzern soll Posten mit FPÖ-Politikern besetzt und im Gegenzug Glückspiellizenzen erhalten haben. Alles in allem blickt das teilstaatliche Unternehmen damit auf ein höchstkompliziertes Jahr zurück, die Probleme scheinen sich auch 2021 fortzusetzen.