Apple wirft Gambling-Apps raus
Zum Schutz seines App-Stores vor rechtswidrigen Aktivitäten hat der US-amerikanische Technologiekonzern Apple eine noch unklare Anzahl an Glücksspiel-Apps gesperrt. Etliche Apps sind in diesem Zuge jedoch fälschlicherweise aus dem Sortiment gelöscht worden. Die Beschwerden mehren sich.
Der kalifornische i-Gigant aus dem Silicon Valley und derzeitige Smartphone-Weltmarktführer, Apple, hat mit einer digitalen Säuberungsaktion seines App-Stores begonnen: Eine Dunkelziffer an (vermeintlichen) Glücksspiel-Apps wurde von der iTunes-Plattform des Unternehmens verwiesen und blockiert – unter anderem, das eher ‚harmlose‘ Kartenspiel Blackjack 21, das laut Hersteller schon seit über zehn Jahren in dem Store verfügbar ist. Betroffene Anbieter sind per E-Mail über die Maßnahme informiert worden, im Wortlaut heißt es:
„Um betrügerische Aktivitäten im App-Store zu reduzieren und den Forderungen der Regierung nach Bekämpfung illegaler Online-Glücksspielaktivitäten zu entsprechen, erlauben wir keine von Einzelentwicklern eingereichten Glücksspiel-Apps mehr. Dies umfasst sowohl Echtgeld-Apps als auch Apps, die ein Spielerlebnis simulieren.“
Bei den besagten Forderungen handelt es sich um die der norwegischen Regierung . Das Osloer Parlament hatte Ende April für eine schärfere Überwachung seines Online-Glücksspielsektors plädiert und außerdem Netzsperren gegen illegale Anbieter gefordert. Aktuell sind Norsk Tipping und Norsk Rikstoto die einzigen lizensierten Glücksspielunternehmen des Landes – reguliert durch die norwegische Glücksspielbehörde Norwegian Gaming Authority (NGA), welche Apple diesbezüglich Ende Mai schriftlich dazu aufgefordert hatte, entsprechende Glücksspiel-Apps schnellstmöglich vom Markt zu nehmen. Zu den Gründen hieß es:
„Es ist sämtlichen Glücksspielbetreibern ohne norwegische Lizenz untersagt, Glücksspieldienste in Norwegen anzubieten, zu vermitteln oder zu vermarkten. Dies ist das Ergebnis einschränkender Verantwortungspolitik. Mit diesem Verbot sollen in erster Linie die Verbraucher in Norwegen vor Spielsuchtproblemen geschützt werden.“
Apple in bester Absicht
Infolgedessen gab Apple Anfang August überraschend bekannt, bis Oktober gar sämtliche Apps und In-App-Käufe von Einzelentwicklern, zumeist durch Affiliate-Programme vermarktet, aus seinem Sortiment zu entfernen – das heißt, das Selektionsprogramm nicht nur in Norwegen, sondern auf globaler Ebene auszuführen.
Hierbei scheint sich das Unternehmen jedoch völlig in seinen Ambitionen überworfen zu haben, jüngst kam es vermehrt zu Beschwerden, vorwiegend über Social Media. Verschiedene, gänzlich glücksspiel-ferne Anbieter – unter anderem der Gif-Sharing-Dienst Gifferent, das polnische iMagazine sowie eine Xbox-Clip-Plattform, dazu etliche echtgeldlose Glücksspielsimulatoren – werfen Apple vor, ihre Apps unrechtmäßig aus dem Store gelöscht zu haben.
Darüber, wie und nach welchen Kriterien Apple die jeweiligen Apps ausgesucht hat, ist bislang nichts bekannt. In Anbetracht der wahllosen Auslese wird darüber spekuliert, ob es sich um einen automatisierten Prozess, sprich, fehlerhaften Software-Algorithmus handeln könnten.
Ein „ehrlicher Fehler“?
Der Eigentümer des polnischen iMagazines, Wojtek Pietrusiewicz, vermutet hingegen, dass seine App „ins Kreuzfeuer“ geraten ist, weil sie ihren Usern womöglich erweiterten sowie (vermeintlich) unkontrollierten Zugang aufs Internet gewähren könnte. Apple würde demzufolge vermuten, dass sich Kinder und Jugendliche somit gegebenenfalls bis zu etwaigen Glücksspielseiten „durchklicken“ könnten – dies sei aber definitiv nicht der Fall, was der Entwickler infolge der iTunes-Sperre via Twitter verkündete:
„Unsere Zeitungs- / Nachrichten- / Magazin-App wurde gerade 24 Stunden nach der Genehmigung unseres 3.0-Updates aus dem App Store entfernt. Angegebener Grund: Glücksspiel / betrügerische Aktivität. Wir veröffentlichen eine Zeitschrift, also nichts, was mit Glücksspiel oder Betrug zu tun hat.“
Der ebenfalls betroffene Gifferent-Inhaber, Simon Stovring, griff das Statement Pietrusiewiczs auf und kommentierte wie folgt:
„Apple betrachtet plötzlich viele Apps als Glücksspiel-Apps und entfernt diese ohne Vorwarnung aus dem App-Store. Apple behauptet, dass diese Apps Glücksspiele beinhalten, aber sie geben nicht preis, wie sie das erkannt haben. Das kann Auswirkungen aufs Geschäft haben.“
Stovring gibt darüber hinaus an von mindestens „zehn weiteren Kollegen“ kontaktiert worden zu sein, die sich ebenso plötzlich wie ungerechtfertigt aus dem Apple-Store gelöscht vorgefunden hätten. Der Entwickler aus Kopenhagen hat sich indessen auch gegenüber dem britischen TV-Sender BBC negativ über das Vorgehen des milliardenschweren Konzerns geäußert, letzten Endes aber dennoch versöhnlich präsentiert: „Das scheint ein sehr unglücklicher, wenn auch ehrlicher Fehler zu sein.“
Oder doch Konzerninteressen?
Kritische Stimmen werfen dem Konzern dagegen Berechnung vor. Durch die Dezimierung kleinerer Betreiber versuche Apple hiernach die Kontrolle über seine Glücksspiel-Apps, zu Gunsten größerer Glücksspiel-Marken zu gewinnen. Dafür könnte sprechen, dass es sich bei vielen der gesperrten Apps um Gambling-Simulatoren handelt, die keinen Echtgeld-Einsatz erfordern – wohingegen in Markencasinos täglich hohe Summen Echtgeld über den Tisch gehen würden, was in puncto Spielerschutz viel bedenklicher sei.
Dagegen spricht allerdings, dass Apple viele der Apps, so auch die hier benannten, nach etwa 15 Stunden wieder freigeschaltet hat. Laut iMagazin-Inhaber Pietrusiewicz kam es daher letztlich zwar nicht zu ernsthaften Problemen, doch seien einige „wütende Kommentare“ von Lesern eingegangen, was „viel Stress für das Team“ zur Folge hatte.
„Sehr frustriert“ zeigt sich nichtsdestotrotz der Macher der vergleichsweise jungen Xbox-Clips-App, Niall Watchorn. Die App habe „gerade erst angefangen, an Zugkraft zu gewinnen“ , beklagt er und verleiht den spekulativen ‚Apple-App-Verschwörungstheorien‘ damit zumindest den Hauch einer geknickten Kontur. In der Tat können 15 Stunden für eine frischgebackene App wie die Watchorns, im hyper-florierenden Online-Pool heutiger Tage die Ewigkeit bedeuten. Ob Apple zeitnah zu den Sperr-Maßnahmen Stellung beziehen wird oder Zukünftiges in diesem Punkt preisgibt, bleibt vorerst abzuwarten.