DCMS startet Lootbox-Untersuchung
Lootboxen in Videospielen sind fester Bestandteil der britischen Glücksspielreform und werden zurzeit kontrovers diskutiert. Im Raum steht die Frage, ob es sich bei den virtuellen Schatztruhen um Glücksspielelemente handelt, die womöglich Kinder und Jugendliche gefährden. Das DCMS (Department for Digital, Culture, Media & Sport) hat zu diesem Thema nun eine umfassende Untersuchung eingeleitet und sucht nach wissenschaftlichen Beweisen.
Befragung involvierter Personen
Erst im Juli sorgten universitäre Studien und eine neue Lootbox-Initiative in UK für Aufsehen. Jetzt hat auch das DCMS auf die kontroverse Diskussion reagiert und eine Untersuchung über die tatsächlichen Auswirkungen der zufallsbasierten Beutekisten gestartet. Es soll festgestellt werden, ob Lootboxen die Affinität für Glücksspiele steigern und problematische Spielweisen fördern.
Im Auftrag der Regierung soll nun authentisches Beweismaterial gesammelt werden. Diesbezüglich hat das DCMS Pläne für einen sogenannten Call to Evidence vorgelegt. Hierbei geht es darum Meinungen von involvierten Personen einzuholen . Dazu zählen Spieler, die Erfahrungen mit Lootboxen gemacht haben, ebenso wie Eltern oder Erziehungsberechtigte. Außerdem werden Videospielentwickler, Hochschulen und Hilfsorganisationen befragt.
Hintergrund ist der Bericht eines Sonderausschusses für süchtig machende Technologien , in dem erklärt wurde, dass Lootboxen als Glücksspiel eingestuft werden sollten und Heranwachsende gefährden. Sie sollten daher im neuen britischen Gaming Act geregelt werden, der das seit 2005 nicht mehr aktualisierte Glücksspielgesetz des Landes ablösen wird. Der Aufruf zur Einreichung von Beweisen bleibt nun bis zum 22. November offen.
Lootboxen sind virtuelle Schatztruhen in Videospielen wie zum Beispiel Fifa oder Mario Kart Tour. Sie beinhalten ein Sortiment an bestimmten Spielgegenstände, zum Beispiel Waffen, Werkzeuge, Trikots oder Kostüme, womit Spielvorteile gesichert werden können. Der Schlüssel für eine Box ist gegen kleinere Geldsummen erwerblich. Welcher Gegenstand sich in der jeweiligen Kiste befindet, bleibt dem Zufall überlassen. In Belgien und den Niederlanden sind Lootboxen bereits verboten. In den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland werden Verbote diskutiert.
Sichere Spielumgebung im Fokus
Die DCMS-Ministerin Caroline Dinenage sieht trotz der hitzigen Debatte keinen Grund zu voreiligen Schlüssen. Die Videospielindustrie mache derweil gute Fortschritte bei der Entwicklung einer ebenso modernen wie sicheren Spielumgebung . Elterliche Kontrollmöglichkeiten wurden demnach bereits verbessert, es ließe sich nun einstellen, dass Spielzeiten geplant und begrenzt werden könne.
Außerdem habe man sich die vielseitigen Bedenken der Eltern in Bezug auf Lootboxen angehört. Es sei daher notwendig umfassendes Beweismaterial über die Auswirkungen der Beutekisten zu sammeln und zu analysieren. Erst wenn die Mechanik der Spielelemente vollständig untersucht wurde, ließe sich eine Entscheidung darüber treffen, ob beschränkende Maßnahmen oder sogar ein Verbot erforderlich sind.
Die betroffenen Eltern beurteilen die Risiken von Lootboxen allerdings weniger lapidar. So kam es in den USA bereits zu einer Sammelklage gegen Apple . Dem iPhone-Giganten wird vorgeworfen durch den Verkauf von Lootbox-Spielen Milliarden auf Kosten des Verbraucherschutzes zu verdienen. In Frankreich, wo im Februar eine Klagen gegen EA eingeleitet wurde, fordern zwei Juristen sogar, dass die Lootboxen in Fifa als Wettspiel gekennzeichnet werden.
Um die Risiken genauer zu überprüfen, plant das DCMS in absehbarer Zeit eine Reihe von Rundtischgesprächen zu veranstalten. Fragen und Lösungen zum Thema Spielerschutz sollen hier ausführlicher erörtert werden. Hierbei wird der wissenschaftliche Hauptberater des DCMS, Professor Tom Rodden , Empfehlungen aussprechen, die in Kooperation mit der UK Research and Innovation (UKRI) ausgearbeitet wurden.
Regierung erwartet Informationen
Alle Ergebnisse der laufenden Untersuchung sollen umgehend der Regierung vorgelegt werden, damit klare Maßnahmen im Zuger der aktuellen Reform eingeführt werden können. Von besonderem Interesse sind Daten in Bezug auf die Funktionsweise und die Bedeutsamkeit von Lootboxen für den britischen Gaming-Markt.
Nach Angaben des DCMS trug die Videospielindustrie im Jahr 2018 umgerechnet rund 2,83 Mrd. Euro zur britischen Wirtschaft bei. Beschäftigte wurden rund 27.000 Mitarbeiter. Seit 2010 ist die Industrie mehr als 16-mal schneller gewachsen als die britische Wirtschaft insgesamt. Dies ist vor allem auf die voranschreitende Digitalisierung zurückzuführen. Die Regierung will daher, dass Lootboxen unbedingt im Kontext des neuen Glücksspielgesetzes verhandelt werden.
Glücksspielreform in Großbritannien
Im Juli hob der Glücksspielausschuss des Oberhauses Lootboxen als einen der Bereiche hervor, die umgehend reformiert werden müssten. Der Regierung wurde empfohlen, die aktuelle Version des Glücksspielgesetzes zu ändern und Lootboxen als Glücksspielelement zu kennzeichnen . Zudem hat das Oberhaus in der vergangenen Woche einen neuen parteiübergreifenden Ausschuss ins Leben gerufen, die sich ausschließlich mit der Glücksspielreform befassen soll.
Da das britische Glücksspielgesetz bereits 2005 in Kraft getreten ist, sind viele Aspekte bisher nicht modernisiert worden. Zu den weiteren Änderungen gehören auch ein Verbot von Kreditkartenzahlungen sowie ein Werbeverbot innerhalb von Live-Sportübertragungen. Zu letzterem hatte sich eine Riege von Anbietern schon im letzten Jahr freiwillig verpflichtet . Weitere Punkte sind ein Verbot von VIP-Programmen für Problemspieler sowie ein Verbot von Trikotsponsoring.