Immer höhere Steuereinnahmen durch Sportwetten
Die deutsche Haushaltskasse profitiert immer mehr von steigenden Steuereinnahmen aus Sportwetten. Trotz einer noch nicht einheitlichen Rechtslage haben sich die Einnahmen innerhalb der letzten fünf Jahre fast verdoppelt. Im Rahmen des neuen Glücksspielstaatsvertrags soll der Sektor nun zu einem offiziellen Wirtschaftssektor der Bundesrepublik avancieren. Hier ein Überblick zum Geschehen.
Deutscher Fiskus hält die Hand auf
Dass Sportwetten werden in der BRD immer beliebter werden, ist kein Geheimnis. Besonders durch den nicht nachlassenden Online-Boom hat sich der Sektor inzwischen zu einem riesigen Wirtschaftszweig entwickelt, wovon natürlich auch der Fiskus profitiert. Wie aus einem Bericht des deutschen Finanzministeriums hervorgeht, sind die Steuereinnahmen aus Sportwetten zwischen 2014 und 2018 von 225 Mio. € auf satte 384 Mio. € angestiegen .
Die Gesamtumsätze der Branche liegen derweil bei über 40 Mrd. €, obgleich eigentlich nur der staatliche Anbieter Oddset offiziell Sportwetten vertreiben darf. Lediglich im Bundesland Schleswig-Holstein existiert bisher eine Sonderregelung , die ein zeitgemäßes Lizenzierungsverfahren vorsieht. Bekannte private Anbieter wie Tipico, Bwin sitzen zumeist im EU-Ausland, werden aber dennoch am Markt geduldet, betreiben Sport-Sponsoring und Marketing im TV.
Zum Verständnis: Von allen in der BRD getätigten Wetten müssen die Anbieter zurzeit einen Steuersatz von 5% an das deutsche Finanzamt abführen. Trotz der immer noch unklaren Rechtslage besteht der Staat auf die Einnahme und fordert diese auch über deutsche Grenzen hinaus ein. Ein prominentes Beispiel dafür ist die im vergangenen März vom britischen Buchmacher Paddy Power Betfair geforderte Steuerrückzahlung von 40 Mio. € . Der Entscheid vollzog sich am Finanzgericht Hessen und hat in diesem Sinne symbolischen Charakter.
Von den Einnahmen aus Sportwetten profitieren die einzelnen Bundesländer inzwischen erheblich: Zuletzt flossen unglaubliche 90 Mio. € in die Haushaltskasse von Nordrhein-Westfalen , rund 68 Mio. € gingen an Bayern, kleinere Bundesländer wie Bremen kassierten zuletzt immerhin 3,5 Mio. €. Im Umkehrschluss stiegen die pro Jahr getätigten Wetteinsätze der Deutschen auf ganze 7 Mrd. € an.
Neuer Glücksspielstaatsvertrag in Brüssel
Im Rahmen des deutschen Glücksspielstaatsvertrags von 2012 versuchte die BRD schon einmal seine Pforten für europäische Sportwettanbieter zu öffnen, 20 Lizenzen wurden vergeben, nicht-beteiligte Anbieter klagten jedoch dagegen, was die Regulierungspläne letzten Endes wieder zunichtemachte. Spätestens seit der Berliner Ministerkonferenz im März ist die Diskussion um eine offizielle Öffnung des Sektors jedoch wieder in vollem Gange. „Wir möchten dem illegalen Wetten endlich Einhalt gebieten, damit das Glücksspiel in Deutschland in geregelte Bahnen gelenkt wird“, heißt es an dieser Stelle von Seiten des hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU).
Ein nunmehr dritter Glücksspielstaatsvertrag wurde derweil in Brüssel zur Überprüfung vorgelegt. Ein offizielles Lizenzverfahren soll demnach ab Januar 2020 eingeführt werden, die Beschränkung auf lediglich 20 Anbieter würde im Falle einer Bestätigung ausgesetzt.
Die ist ganz im Sinne der FDP, die sich derweil für einheitliche und liberale Verhältnisse am Markt stark macht – man sei gegen „Verbote und unangemessene Beschränkungen“, heißt es diesbezüglich laut FDP-Gesundheitsexperte Wieland Schinnenburg . Im Falle eines Verbots, so der Politiker, gingen nicht nur die Steuereinnahmen verloren, sondern auch der Kontakt zu den Spielern und damit die Möglichkeit, spezifische Problemspielprävention zu leisten.
Befürwortung durch DSWV
Unterstützung erfährt Schinnenburg derweil vom Deutschen Sportwettverband (DSWV). Der Interessenverband verweist angesichts der Steuereinnahmen darauf, dass Sportwetten inzwischen „in der Mitte der Gesellschaft“ angekommen sind, die Anbieter wollen sich zudem gesetzestreu integrieren . Darüber hinaus profitieren auch Sportvereine von dem Sektor: „Fast alle Bundesligaclubs werden durch Mitglieder des Deutschen Sportwettverbands gesponsort“, so DSWV-Präsident Mathias Dahms im Gespräch mit dem Nachrichtenjournal Handelsblatt .
Vorbild Schleswig-Holstein?
Wie auf der Ministerkonferenz im März beschlossen wurde, darf das Bundesland Schleswig-Holstein sein liberales Regulierungsmodell bis 2021 fortsetzen. Folglich soll Schleswig-Holstein unter den genannten Gesichtspunkten als Testmarkt fungieren. Sein unbeschränktes Lizenzverfahren hatte das Land erstmals 2011 eingeführt, die ersten Lizenzen wurden mit einer Laufzeit bis 2021 im Februar 2012 vergeben. Der abzuführende Steuersatz auf Sportwetteinnahmen liegt in Schleswig-Holstein seitdem bei robusten 20%.
Das Konzept des Landes könnte demnach ab 2021 auf die restlichen Länder der Bundesrepublik ausgeweitet werden. Jüngst kommentierte Hans-Jörn Arp, CDU-Fraktionsvorsitzender in Schleswig-Holstein, die Pläne als „Durchbruch“, der Politiker hierzu im Zitat:
“Die Entscheidung der Minister bedeutet, dass wir nach zehn Jahren endlich den Durchbruch erreicht haben und von den anderen Bundesländern Anerkennung erhalten. Nachdem Schleswig-Holsteins zukunftsweisenden Lösungen im Bereich des Glücksspiels lange Zeit Widerstand entgegengebracht wurde, ist dies für uns ein großer Erfolg. Plötzlich ziehen die anderen Bundesländer in die gleiche Richtung und zeigen damit, dass das Schleswig-Holstein-Modell sinnvoll ist.”
Dass zur langfristigen Absicherung des deutschen Sportwett-Marktes ein ebenso gründlicher wie transparenter Prozess von Nöten ist, liegt auf der Hand. In Zukunft sollen daher auch Vertreter aus Industrie und Sport vermehrt in die Liberalisierungs-Diskussion miteinbezogen werden. Ob es tatsächlich dazu kommt – und ob Brüssel das aktuelle Konzept der deutschen Regierung akzeptiert, bleibt vorerst allerdings noch abzuwarten.