Santa Anita Park: Rätsel um 21 tote Rennpferde

Innerhalb der letzten zehn Wochen starben auf der weltbekannten Pferderennstrecke Santa Anita Park in Kalifornien 21 Rennpferde durch Unfälle. Die Betreiber stehen diesbezüglich nicht nur vor einem Rätsel, sondern auch unter dem Druck von Tierschutzorganisationen wie PETA. Die Rennbahn wurde vorerst geschlossen.

Pferderenntraining im Santa Anita Park, Kalifornien. 

Der Santa Anita-Betrieb steht infolge der Todesfälle still, trainiert wird hier derzeit nur noch sporadisch. © Wikipedia

Ist Regen schuld an dem Desaster?

Seit dem Rennsaisonbeginn im Dezember verletzten sich 21 Rennpferde auf der Strecke des berühmten Reitsportzentrums Santa Anita Park in Arcadia, Kalifornien, so schwer, dass sie verstarben oder eingeschläfert werden mussten. Das Rennpferd der Reitsportlerin Debbie McAnally war das letzte Pferd, das diese Saison im Santa Anita Park ums Leben kam – nachdem sich die vierjährige Stute bei einem Trainingslauf ihr Vorderbein zertrümmert hatte.

Im Gespräch mit CNN erinnert sich McAnally wehmütig an ihr Herzenstier: „Ich habe ihr den Namen Let’s Light The Way gegeben, weil sie ein fast weißes Vollblut war und wegen der eleganten Art und Weise wie sie ging.“

Der Tod des Pferdes führte nun vorerst zur unbestimmten Schließung der bereits 1934 eröffneten Rennstrecke, momentan findet nur noch „eingeschränktes Training“ statt. Ein Ermittlerteam versucht derweil herauszufinden, warum so viele Tiere innerhalb kurzer Zeit gestorben sind. Wie es heißt werden Nekropsien an den verunglückten Tieren durchgeführt, es kann jedoch Monate dauern, bis die Ergebnisse vorliegen.

Trainer, Pferdebesitzer, Track-Beamte und Tierschutzaktivisten reagierten über die hohe Anzahl an Todesopfern verständlicherweise ebenso geschockt wie verblüfft. Ein Sprecher der Strecke, Mark Willman, betonte indessen, dass die Verletzungen besonders vielschichtig seien, wobei erhöhter Niederschlag der größte Risikofaktor für die Unfälle sei.

In der Tat erlebte der Süden Kaliforniens zuletzt einen ungewöhnlich kalten und nassen Winter – der feuchteste seit Jahrzenten: Allein im Februar sind bei Temperaturen unter 21° Celsius fast 30cm Regen niedergeschlagen. Obgleich die Strecke durch spezielle Beläge fast kontinuierlich abgedeckt worden sei, glauben viele Leute, die mit dem Santa Anita Park in Verbindung stehen, dass der Regen ein wesentlicher Faktor für den Tod der Tiere ist.

Boden zu weich oder zu hart?

„Der Boden wird zu weich“, betonte an dieser Stelle Jim Cassidy, Präsident der Thoroughbred Trainers Association (TTA), dessen fünfjähriges Pferd Amboseli auf der Strecke „katastrophale Verletzungen“ erlitten hatte, woran es verstarb. Zur Vorbereitung auf Stürme werde laut Cassidy ein Dichtmittel verwendet, dass die Oberfläche zwar vor dem Abwaschen schützen soll, jedoch bei Regen zu durchlässig sei.

Im Umkehrschluss werde der Track „viel zu hart“ sobald der Regen vorbei ist. Aus diesen Gründen hatte sich Cassidy bereits seit 2010 für eine komplett synthetische Strecke eingesetzt, da die derzeitige Rennbahn „immer schwieriger zu warten“ war und dazu „Probleme mit der Entwässerung“ hatte.

Um die genaue Unfallursache zu klären wird die Beschaffenheit der Rennbahn zurzeit intensiv untersucht. Hierfür wurde unter anderem Dennis Moore, Verwalter der Rennpisten Los Alamitos und Del Mar in Orange County, konsultiert: Mit einer Maschine, die den Galopp von Pferden simuliert, wird die Strecke des Santa Anita Park aktuell bis ins letzte Detail auf Fehler- und Gefahrenstellen überprüft , bisher jedoch ohne zufriedenstellendes Ergebnis.

Darüber hinaus wurde der Track schon im Vorfeld per Georadar untersucht – diese Form der Untersuchung ermöglicht es Wissenschaftlern die Beschaffenheit der obersten Bodenschichten genau zu bewerten. Auch hier konnten im Rahmen der Untersuchung bislang jedoch keine Mängel festgestellt werden, die zu den Unfällen geführt haben könnten.

Nur eine Woche bevor das letzte Pferd auf der Rennbahn ums Leben kam und der Santa Anita Park-Inhaber, Stronach Group, das vorläufige Aus des Geschäftsbetriebs bekannt gab, wurde die Strecke ebenfalls erfolglos von der University of Kentucky kontrolliert: Professor Mick Peterson testete hier konkret die Glätte der Oberfläche in Bezug auf die Zusammensetzung von Schluff, Lehm und Sand – „die Hauptsache ist Konsistenz“ wie der Akademiker betonte, diese sei „100 prozentig sicher“, hieß es. Wenige Tage später war Debbie McAnallys besagte Stute dennoch tot.

Sind Dopingmittel im Spiel?

Über die Theorie, dass Regen und die Bodenbeschaffenheit hinter den tragischen Unfälle stecken, herrscht wie zu vermuten alles andere als Einigkeit. Ein weiterer Hintergrund, der zurzeit, vor allem von der Tierschutzorganisation PETA vorgebracht wird, sei die Verabreichung von Drogen- und Dopingmitteln. Unterstützt wird die Organisation unter anderem durch den Pferdeveterinär Rick Arthur.

Der Tierarzt erklärte gegenüber der Los Angeles Times , dass die Pferde untereinander zu verschieden seien, um ihre Todesursachen nur anhand der Wetterlage und der Bodenbeschaffenheit festzumachen, zudem waren sämtliche Tiere nicht besonders alt und stammten obendrein von insgesamt 19 verschiedenen Trainern. Die Todesursachen sieht der Tierarzt hier daher vor allem in der Art und Weise des immer straffer gestaffelten Geschäftsbetriebs begründet. Im Zitat heißt es:

“Wir können hier keine eindeutigen Antworten erwarten. Wir können nur hoffen, dass Strategien entwickelt werden, um den Rennsport sicherer zu machen. Es ist nicht nur der Track, es ist nicht nur das Pferd. Es ist der ganze Zeitplan, das Trainingsprogramm, das Rennprogramm, einfach alles.”

In Kalifornien werden Rennpferde generell strengen Drogentests unterzogen, die Trainer dürfen ihren Tieren lediglich eine begrenzte Menge an Entzündungs-Hemmern verabreichen.

Obgleich bisher niemand, der mit dem Rennbetrieb in Verbindung steht, Drogen als einen potenziellen Faktor identifiziert hat, beklagen Tieraktivisten seit langem, dass insbesondere die Verwendung von Schmerzmitteln dazu führe, dass die Leistungsfähigkeit der Pferde immer weiter ausgereizt wird. Kathy Guillermo, Vizepräsidentin von PETA, erklärte in dieser Sache mit Santa Anita in Kontakt zu stehen. Weitere Entwicklungen sind an dieser Stelle jedoch nicht bekannt und bleiben somit vorerst abzuwarten.

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