Schweizer Volksentscheid beschließt umstrittenes Glücksspielgesetz

Im Rahmen eines Volksentscheids haben sich 73 Prozent der Schweizer für eines der strengsten Online-Glücksspielgesetze Europas ausgesprochen. Ab 2019 dürfen demnach ausnahmslos noch landbasierte Betreiber Online-Glücksspiele anbieten. Die Webseiten ausländischer Unternehmen sollen unterdessen gesperrt werden.

Foto des Bundeshauses Bern, Schweiz

Das Bundeshaus in Bern, Sitz des Schweizer Parlaments, hat auf die Bedenken seines politischen Nachwuchses bisher weniger Rücksicht genommen. ( Bildquelle )

Per Referendum – mit einer deutlichen Mehrheit von rund 73 zu 27 Prozent, laut Prognose des Umfrageinstituts gfs.bern – haben die Bürger der Schweiz am vergangenen Sonntag die Einführung eines verhältnismäßig radikalen wie daher auch europaweit umstrittenen Online-Glücksspielgesetztes beschlossen. Damit verbannt die Schweizer Legislative ab 2019 sämtliche nicht-lizensierten, ausländischen Gambling-Anbieter vollends von seinem Markt. Die Webseiten internationaler Betreiber sollen infolgedessen schlicht blockiert werden.

Im Gegenzug wird den landbasierten Casinos ein exklusives Anrecht auf schweizerische Online-Lizenzen gewährt. Zudem verpflichtet die neue Gesetzgebung – branchenübergreifend – alle in der Schweiz ansässigen Online-Dienstleister, die Zugänge für internationale Gaming- und Wettanbieter (Werbung, Verlinkungen, usw.) gänzlich zu sperren. Damit verbundene Kosten würden den Schweizer Unternehmen von der Regierung zurückerstattet, wie es heißt.

In ihrer stringenten Abschottungs-Strategie sieht sich die Schweizer Regierung folglich bestätigt. Gesetzesbefürworter Karl Vogle, Jungabgeordneter der Christlich-demokratischen Volkspartei (CVP), spricht diesbezüglich von einer „pragmatischen Entscheidung der Schweizer Wähler“ , welche auch weiterhin „zivilgesellschaftliche Projekte mit Einnahmen aus den Casinos und Lotterien finanzieren wollen“ .

Die neue Schweizer Härte

Das Online-Verbot gegen nicht-lizensierte Glücksspielanbieter ist Bestandteil des sogenannten Money Gaming Acts (MGA), ein neues Geldspielgesetz, das 2016 durch den schweizerischen Bundesrat, Ständerat und Nationalrat erarbeitet wurde.

Der MGA-Katalog vereinheitlicht vorrangig bereits bestehende, grundlegende Schweizer Gesetze zu Casinospielen, Wetten und Lotterien. Dazu umfasst er zusätzlich Maßnahmen zur Spielsucht-Prävention. Darüber hinaus sieht MGA jedoch auch die Etablierung der von Anfang an hochumstrittenen Netzsperren gegen internationale Anbieter vor.

Das Schweizer Parlament hatte den ebenso stringenten wie umstrittenen Regulierungskorpus bereits im September 2017 durchgewunken. Entgegen der europaweit aufkeimenden Kritik, beharrte die schweizerische Regierung stur auf der Notwendigkeit jener Handhabung: Die systematische Abschaltung nicht-lizensierter Webseiten „schütze sowohl nationale Glücksspielbetreiber“ wie auch „die schweizerische Fiskallandschaft“ insgesamt, so die Begründung.

Kritiker sehen Internetzensur

Letztlich sammelte das (glücksspiel-)branchenfremde Komitee gegen Internetzensur und digitale Abschottung – eine parteienübergreifende Initiative junger Nachwuchspolitiker, welche sich für die Wahrung digitaler Freiheitsrechte einsetzt – die nötigen 50.000 Unterschriften, um eine Zulassung des nun erfolgten Referendums zu erwirken. Der Schweizer Bundesrat bewilligte das Anliegen Anfang 2018. Infolge der klar verlorenen Abstimmung verkündet das Komitee:

„Das Gesetz bedeutet einen Rückschritt der Digitalisierung und beschränkt unsere Wettbewerbsfähigkeit.“

Unter dem Strich haben sich die Nachwuchsetagen aller großen Schweizer Parteien – darunter Young GLP (Grünliberale Partei), SVP (Schweizerische Volkspartei), CVP und FDP – schon 2016 mehrheitlich gegen das Geldspielgesetz ausgesprochen. Der Gesetzesentwurf sei durch die massive Lobbyarbeit der Schweizer Glücksspielbranche von Beginn an maßgeblich beeinflusst worden, lauteten die Vorwürfe unter anderem.

Die Jungparteien wollen daher auch weiterhin gemeinsam gegen die Einführung des Geldspielgesetzes angehen. Entgegen eines Verbots fordern die Nachwuchspolitiker internationale Gambling-Plattformen zu integrieren, zu regulieren und zu besteuern. Nicolas Rimoldi, der Vize-Präsident der FDP-Jugendliga, fühlt diesbezüglich vor und kritisiert:

„Die Blockade von Internet-Providern schränkt die Informations- und Konsumfreiheit stark ein. Die Beschränkung unserer Wahlfreiheit im Internet durch den Staat entspricht einer Zensur.“

Trotz einer eher geringen Wahlbeteiligung (~ 40 Prozent) könnte das, von der Industrie mit Spannung erwartete Ergebnis des Schweizer Volksentscheids, wohl kaum eindeutiger sein. Schlussendlich wird das neue Schweizer Geldspielgesetz 2019 wohl in seinem vollen Umfang in Kraft treten. Es handelt sich zweifelsohne um eine der resolutesten Gesetzgebungen für Online-Glücksspiel in ganz Europa.

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