Exit nach Missbrauchsvorwürfen: Steve Wynn ist raus
Nachdem der 76jährige Wynn Resorts-Gründer bereits Anfang Februar als Geschäftsführer zurückgetreten war, hat er nun auch die letzten Anteile an seinem Unternehmen verkauft. Etliche Frauen werfen dem US-Casinomogul sexuelle Übergriffe vor.
Zu einem Preis von je 175 US-Dollar pro Aktie, hat Wynn seine letzten insgesamt acht Millionen Anteile an Wynn Resorts Ltd. an bereits etablierte Shareholder verkauft. So vermeldet es das börsennotierte Casino- und Hotelunternehmen, das Wynn 2002 selbst gründete. Ohne Umschweife hatte sich die Unternehmensführung von ihrem CEO distanziert, als das Wall Street Journal (WSJ) Ende Januar einen Artikel veröffentlichte, in welchem Wynn von Dutzenden ehemals angestellten Frauen des sexuellen Übergriffs bezichtigt wird. Gespräche führte WSJ hierzu mit 150 Personen.
Die Vorwürfe erstrecken sich über Jahrzehnte, reichen von sexueller Belästigung, über Nötigung, bis hin zur Vergewaltigung. Wer sich ihm wiedersetzte, flog, so heißt es. Viele hatten Angst vor der Macht des Casinomilliardärs, fürchteten Jobverlust und Demütigung, waren beschämt. Erst jetzt – in Zeiten der #MeToo-Bewegung und öffentlichen Solidarisierung traumatisierter Frauen – trauen sich die Betroffenen über die sexistischen Eskapaden des einstigen Casinokönigs von Las Vegas zu sprechen. Dieser bestreitet die Vorwürfe aber weiterhin vehement: „Die Idee, dass ich jemals eine Frau belästigt haben soll, ist lächerlich“ , so Wynn im Gespräch mit dem WSJ .
All-Out aus Unschuld?
Alle Anfragen des Magazins Forbes, das Wynn als einen der reichsten Menschen der Welt regelmäßig in seiner Liste aufführt, wurden von Seiten seines Anwalts abgelehnt. Dazu heißt es in einer E-Mail an Forbes : „Herr Wynn möchte nicht an der aktuellen Medienraserei in Bezug auf seine persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten teilnehmen und lehnt daher eine Stellungnahme ab. Nach meiner Sichtung der unzähligen kürzlich erschienen Artikel über ihn, glaube ich nicht, dass die entsprechende Atmosphäre für ein faires und präzises Gespräch gegeben ist.“
Trotz aller Unschuldsbekenntnisse zieht sich Wynn immer weiter zurück. Auch von der Bühne der Politik. Der supereiche Geschäftsmann war bis vor kurzem noch Schatzmeister der republikanischen Partei. Laut New York Times wolle er diese nun vor „Ablenkung“ schützen. Sich selbst, sieht er als Opfer einer unberechtigten Hetze. Als ein Freund Donald Trumps, hatte Wynn den Wahlkampf des amtierenden US-Präsidenten, der als chauvinistisch und sexistisch gilt, großzügig befördert. Dass Steve Wynn nun auch selbst zu einem der großen Hauptdarsteller in der #MeToo-Debatte geworden ist, hat daher fast schon ironische Züge.
Doch auch wenn der Fall Wynn momentan klar erscheint, muss die offizielle Anklageschrift gegen den Milliardär noch abgewartet werden. Außerdem ist die Las Vegas-Legende auf derart abgründigen Spielfeldern bei Leibe nicht unerfahren: Schon im Jahr 2005 wurde Wynn Vergewaltigung von seiner Nagelpflegerin vorgeworfen. Damals hatte man sich letzten Endes schlicht außergerichtlich geeinigt, auf 7,5 Millionen Dollar Entschädigung. Sicher ist, entgegen aller Spekulationen um den Verbleib Steve Wynns, also vorerst nur Eines: Das Zockerdelta Las Vegas in der Wüste Nevadas wird auch ohne ihn bis in alleroberste Sphären leuchten, jede Nacht.
Die Zukunft von Wynn Resorts
Sie steht noch in den Sternen, liegt aber vielleicht in China: Parallel zu Wynns Austritt hat sich die in Macau (CHN) ansässige „Galaxy Entertainment Group“, mit Anteilen von insgesamt 927,5 Millionen US-Dollar, bei Wynn Resorts eingekauft – das entspricht etwa fünf Prozent des Gesamtunternehmens. Auch in Macau betreibt Wynn Resorts erfolgreich seine Hotel-Casino-Komplexe.
Der Glückspielmarkt Macau gilt als florierend und äußerst lukrativ, die Lizenzen sind heißbegehrt. Im Falle eines möglichen Wynn Resorts-Ausverkaufs hat sich die Galaxy Entertainment Group damit also eine stabile Plattform gesichert. Auch weitere Unternehmensgruppen wie die malaysische „Genting Group“ haben bereits ihr Anteilsinteresse an dem US-Unternehmen bekundet.
Nachdem die Vorwürfe gegen Steve Wynn publik geworden waren, hatte Wynn-Resorts ungleich rund 20 Prozent seines Börsenwertes eingebüßt. Die Frage, wer letztlich mehr unter der schlechten Publicity leidet, das Unternehmen oder sein abgetretener Gründer, bleibt an dieser Stelle unbeantwortet.