Heimliche Profiteure? Die Glücksspiel-Gebühren deutscher Banken
Eine Reihe deutscher Kreditinstitute erhebt seit längerem eine Glücksspielgebühr auf Visa Card-Transfers im Rahmen von Online Gambling. Damit setzen sich die Banken indirekt über das obligate Online-Glücksspielverbot der BRD hinweg. Trotzdem könnte die ominöse AGB in Mode kommen.
In Zeiten geringer Zinserträge haben sich mehrere deutsche Banken einen nebulösen Selbstfinanzierungskanal zum boomenden Online-Glücksspielsektor erschlossen, wodurch alternative Einnahmen generiert und Kosten abgewälzt werden sollen. In diesem Sinne erheben die Bankhäuser Comdirect, Deutsche Kreditbank (DKB), Postbank und Consorsbank, bereits seit 2015 eine ominöse Gebühr auf Visa Card-Transaktionen, die im Kontext von Online-Glücksspiel getätigt werden.
Ins Fadenkreuz der hiesigen Medien geriet das schleierhafte Phänomen jedoch erst, als jüngst die in Frankfurt a. M. ansässige Direktbank ING-DiBa ankündigte, ab Juli ebenfalls ein Analog der AGB (Allgemeine Geschäftsbedingung) zu etablieren und Glücksspielgebühren auf Kreditkartenumsätze zu berechnen.
Gebühren werden demgemäß auf sämtliche via Visa getätigten Ein- und Auszahlung in Verbindung mit Online Casinos und -Wettbüros erhoben. Darüber hinaus gilt die Kreditkartenklausel auch für Transaktionen zwischen Kreditkarte und lizenzierten Spielbanken sowie Lottospiel. Dass sich die Finanzunternehmen hier elementar auf Visa fokussieren, verwundert nicht: Wohl kaum eine andere Kreditkarte weist eine derart hohe Akzeptanz bei Online Zahlungen auf, als die der kalifornischen Aktiengesellschaft.
Zwecks Kundenbindung werben Banken bekanntermaßen häufig mit kostenfreien Kreditkarten. Für Direktbanken ist zudem ein gebührenfreies Girokonto existenziell, um sich hinreichend von Filialbanken abzugrenzen. Um bestimmte Leistungen langfristig kostenfrei anbieten zu können, müssen Banken quasi permanent Kreuzüber-Finanzierungen je nach Auftragslage betreiben. Seit Jahren leidet die Branche außerdem unter dem Niedrigzinsniveau. Längst gehören Gebührenerhebungen wie -erhöhungen zum allgemeinen Bankalltag.
Nur kleine Randgebühren?
Die Höhe der Gebühren variiert je nach Kreditinstitut, das Bemessungsspektrum wirkt ebenso überschaubar wie unscheinbar: Nur 2,5% je Transaktion erhebt die Postbank, die dafür aber wiederum eine fixe Pauschale von 5 Euro bezieht. Gleichermaßen verfährt die Consorsbank, deutscher Ableger der französischen BNP Paribas, wobei hier eine Abstufung erfolgt: Visa Card-Transfers über den Online Erwerb staatlich lizenzierter Lottoscheine sind von Glücksspielgebühren befreit.
Die Commerzbank-Tochter Comdirect verzichtet dahingegen auf eine Mindestpauschale, kassiert stattdessen aber 3% pro Transfer. Dasselbe gilt für die DBK, Tochter der Bayrischen Landesbank. Unterdessen sieht auch die ING-DiBa eine Umsatzbeteiligung von 3% vor, bei einer zusätzlich fixen Mindestgebühr von 3,90 Euro pro Transaktion.
Wie eine ING-Sprecherin im Gespräch mit der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) erklärt, handle es sich hierbei lediglich um AGB für eine „am Markt gängige Gebühr, die auch von anderen Banken erhoben wird.“ Deutsche Verbraucherzentralen bewerten die Glücksspielgebühr allerdings etwas weniger lau:
„Ich glaube nicht, dass die Banken diese Gebühr aus Gründen der Suchtprävention erheben. Die Banken gucken einfach, wo sie noch neue Gebühren erheben können“, schlussfolgert eine Verbraucherschützerin aus Rheinland-Pfalz. Jemand, der ohnehin regelmäßig große Summen verspielen würde, könnte eine Bankgebühr wohl kaum davon abbringen, betont sie. Dass Spielerschutzaspekte bei der Erhebung keine Rolle spielen, bestätigt überdies auch die ING-DiBa. Die Glücksspielgebühr sei primär nur als „weitere Einnahmequelle“ zu betrachten, heißt es dazu.
Die blanke Gewinnorientierung kann in Anbetracht gewisser besagter Faktoren verständlich anmuten, doch weist die klare Positionierung auch darauf hin, dass hinter der „gängigen 3% Gebühr“ mehr steckt als eine irrelevante Randgebühr: Die Geldinstitute erhoffen sich hohe Einnahmen durch Online Gambler, die hohe Einsätze spielen, vermutet das Handelsblatt . Einer Kreditkarte á la Visa käme hier tragende Bedeutung zu, denn Girocards seien dahingegen „keine Bezahlmittel fürs Internet“, begründet ein ING-DiBa-Sprecher die Ausrichtung des Modells.
Angesichts rund 2,1 Mio. verwalteten Girokonten und vermutlich doppelt so vielen Visa Cards, wirken ING-DiBas Glücksspielgebühren von 3% (3.90€) wahrlich nicht unerheblich: Bei einem relativ hohen Einsatz von 1000 Euro wären bereits Gebühren von immerhin 30 Euro fällig – bei 5000 Euro Einsatz fielen horrende Bankgebühren von 150 Euro an.
Grauzonensuche
Dass mehrere deutsche Banken seit drei Jahren Glücksspielgebühren erheben, war der Öffentlichkeit bis vor kurzem kaum bekannt. Um infolge des offiziellen ING-DiBa-Glücksspielgebühren-Bekenntnisses Aufklärung zu leisten, hat sich indessen auch die Postbank – welche seit 2015 Glücksspielgebühren erhebt – zu Wort gemeldet und eine eher fadenscheinige Begründung für die Gebühr geliefert:
„Der Erwerb von Lotto- oder Wettscheinen oder Chips im Spielcasino sowie bei entsprechenden Online Anbietern, entspricht dem Wesen nach dem Erwerb von Bargeld. Ähnlich wie ein Geldschein repräsentieren solche Scheine oder Chips einen Wert, der für weitere Zwecke – hier das Glücksspiel – eingesetzt wird“, so ein Sprecher der Postbank, die seit 2015 Deutsche Bank-Tochter ist.
Was hier ebenso befremdlich wie beschönigend daherkommt, kann als skurriler Versuch, juristische Grauzonen zu erreichen, verstanden werden. Die Formulierung zielt darauf ab jene Glücksspielgebühren auf die Visa Card-Umsätze im Online Casino – im Sinne eines Bargelderwerbs oder Geldbeschaffungsprozesses – den gängigen Gebühren für Bargeldabbuchungen gleichzusetzten.
Zur Konkretisierung lässt sich der Paragraph 49, ADA, der Deutschen Bundespost aus 1972 heranziehen: „Der Wertsack ist ein Beutel, der aufgrund seiner besonderen Verwendung im Postbeförderungsdienst nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden.“