NSW: Bargeldverbot für Pokies
Seit Jahren kämpft Australien mit den Folgen seines liberalisierten Glücksspielsektors. In der Kritik vieler Hilfsorganisationen stehen vor allem die zahlreichen Pokerautomaten, sogenannte Pokies, die sich nicht nur in Spielhallen, sondern auch in etlichen Kneipen, Einkaufszentren und sogar Discos befinden. Als erstes Bundesland hat nun New South Wales (NSW) reagiert, für die Maschinen wird künftig ein Bargeldverbot gelten. Lässt sich die Entwicklung auf diesem Weg stoppen?
Glückspielkarte soll vor Schäden schützen
Die Abschaffung von Pokies wird seit Jahren von australischen Hilfsorganisationen wie der RSL (Returned and Services League) gefordert. Ein erster Erfolg der Initiativen zeichnet sich nun in NSW ab. Die Regierung plant zu bargeldlosen Pokerautomaten überzugehen . Im Zuge einer umfassenden Reform müssen sich alle Spieler in Zukunft mit einer Glücksspielkarte der Regierung registrieren lassen.
Das Spielgeld muss auf der besagten Karte vorgeladen werden, diese wird somit ähnlich wie die bargeldlosen Opal-Karten für das öffentliche Verkehrsnetz funktionieren. Darüber hinaus wird die Karte mit dem Ausschlussregister des Staates verbunden . Ziel der Maßnahme ist der Schutz von Tausenden Problemspielern, die sich selbst ausgeschlossen haben oder von Betreibern gesperrt wurden. Ein Datenschutzbeauftragter der Regierung soll den Prozess überwachen.
Für die Änderungen an der aktuellen Gesetzgebung hat der für das Glücksspiel zuständige hochrangige Kabinettsminister Victor Dominello im Oberhaus breite Unterstützung erhalten . Letzte Woche wurde das Dekret zur Konsultation vorgelegt, ihren Zuspruch bekundeten unter anderem die Grünen und Mark Latham von One Nation. In dem Entwurf wird auch eine Gesichtserkennung zur Identifizierung von Problemspielern verankert.
NSW zählt allein über 95.000 Pokermaschinen. Diese bringen jährlich rund 1 Mrd. AUD an Steuern ein, die Industrie generiert über 100.000 Arbeitsplätze. Im Verhältnis zur Bevölkerungsdichte hat Australien mit knapp 200.000 die meisten Pokerautomaten weltweit. Die Ausgaben für Pokies steigen seit Jahren, in einigen Regionen können Spieler bis zu 7.500 AUD auf einen Schlag einzahlen. Nach der Wiedereröffnung der Spielstätten infolge des Corona-Lockdowns lagen die Einnahmen bei mehr als 200 Mio. AUD, ein Anstieg von 12 Prozent im Vorjahresvergleich.
Scharfe Kritik von Kneipen und Pubs
Die Industrie, insbesondere Kneipen und Pubs, haben das neue Gesetz scharf kritisiert. Die Betreiber bezogen sich auf die gravierenden Auswirkungen der Pandemie . Schutzmaßnahmen wie die Gesichtserkennung oder die Glücksspielkarte würden die Branche zu einem Zeitpunkt treffen, an dem sie es sich am wenigsten leisten kann. Es werden millionenschwere Verluste befürchtet.
Laut Branchenvertretern sind die Einnahmen aus dem Glücksspielbereich während der 10-wöchigen Schließung im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent zurückgegangen. Auch die Einnahmen aus dem Lebensmittel- und Getränkebereich seien um 60 bis 70 Prozent abgestürzt . Eine Pandemie sei nicht der richtige Zeitpunkt für die Einführung belastender neuer Compliance-Anforderungen, kommentierte Josh Landis, ein Clubchef in NSW gegenüber der Tageszeitung SMH .
Gleichzeitig warnte auch der Hotelverband von NSW vor den Auswirkungen. Die Pubs würden bereits ums Überleben kämpfen und könnten die kostspieligen neuen Vorschriften nicht verkraften . Man glaube nicht, dass Stammgäste jedes Mal, wenn sie sich mit Freunden in einem Pub treffen, durch Gesichtserkennung überwacht werden wollen, kommentierte an dieser Stelle der Verbandssprecher John Whelan.
Der verantwortliche Politiker Victor Dominello hält dagegen und argumentiert mit dem Ergebnis einer letztjährigen Studie (NSW Gambling Survey). Hiernach haben sich 92 Prozent der selbstausgeschlossenen Spieler erneut Zugang zu einem Pub verschaffen können, um zu spielen. Modernste Technologie sei nötig, um die 6 Mrd. AUD-schwere Pokerautomatenindustrie ins 21. Jahrhundert zu bringen. Die Bedenken könne er verstehen, dennoch sehe man im Oberhaus keinen Grund von der geplanten Reform abzusehen.
Abschied von einer alten Realität
Wie Dominello weiter erklärte, habe er sich als Mitglied der Taskforce nachdrücklich für eine frühere Eröffnung von Pubs und Clubs ausgesprochen, da diese in NSW Tausenden Menschen Arbeit bieten. Die Corona-Krise habe gezeigt, wie schnell die Unternehmen ihre Praktiken umstellen und anpassen können , wenn sie mit neuen Situationen wie sozialer Distanzierung und Hygieneregeln konfrontiert werden.
Die Abhängigkeit von Pokerautomaten sei daher Teil einer alten Realität. Inzwischen verfüge man über moderne technologische Lösungen, um problematischen Spielern zu helfen . Die Pubs und Clubs spielen an dieser Stelle eine bedeutende Rolle, um gravierende Schäden zu vermeiden. Pokies würden Leben und ganze Familien zerstören, weshalb ein Umdenken stattfinden müsse.
Pokies haben Hochkonjunktur
Etliche betroffene Personen erzählen in australischen Medien regelmäßig von ihrer Pokie-Spielsucht und den daraus resultierenden Schäden. Erst kürzlich verdeutlichte ein Report des Nachrichtensender ABC News das Ausmaß des Pokie-Desasters in Queensland . Nach der Aufhebung des Lockdowns verzeichneten die Maschinen ein Rekordhoch. Im Juli wurden rund 293 Mio. AUD ausgegeben, im Februar waren es noch 161 Mio. AUD.
In einigen regionalen Gebieten haben sich die Umsätze sogar verdoppelt, so zum Beispiel in Mount Isa, wo im Juli ganze 4,5 Mio. AUD für Pokies ausgegeben wurden , verglichen mit lediglich 2 Mio. AUD im Februar. Auch in Cairns wurden im Juli unglaubliche 17 Mio. Dollar durch die Automaten gejagt, während die Umsätze im Februar noch bei 8 Mio. AUD lagen.
Organisationen wie die Alliance For Gambling (AFG) haben die Regierung des Bundesstaates nun dazu aufgefordert, die Pokerautomaten abzuschaffen. Die Corona-Krise biete die einzigartige Gelegenheit für eine soziale Glücksspielreform . Dennoch sind in Queensland seit Juli wieder 45.000 genehmigte Pokies aktiv. Der Universitätsprofessor Matthew Rockloff erklärte gegenüber ABC, dass der Lockdown die Spielgewohnheiten der Menschen nicht gebremst habe.