USA: Indianerstamm klagt gegen Poarch Casino
Der im US-Bundestaat Oklahoma ansässige Indianerstamm Muscogee (Creek) Nation hat eine Klage gegen das Wetumpka Poarch Casino Resort (Wind Creek Casino) in Alabama eingereicht. Konkret geht es um die Wiederherstellung einer heiligen Grabstätte, welche durch den Bau des Poarch Casinos „entweiht“ wurde. Der Konflikt um das Gebiet besteht bereits seit Anfang der 1980er-Jahre. Hier ein Überblick zu den Entwicklungen.
„Kein Ort für ein Casino“
Der Indianerstamm Muscogee (Creek) Nation hat eine offizielle Bundesklage eingereicht, in der die Poarch Band of Creek Indianer dazu aufgefordert werden, das Wetumpka Poarch Casino Resort (Wind Creek Casino) in Alabama abzureißen und eine für den Stamm heilige Stätte, bekannt als Hickory Ground, umgehend in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Das Poarch Casino „entweihe die menschlichen Überreste von unzähligen Vorfahren“ so das Kredo der Muscogee (Creek) Nation. Darüber hinaus wird der Poarch Band vorgeworfen, das Etablissement ohne gesetzliche Grundlage errichtet zu haben.
„Die Überreste unserer Ahnen und Kulturgüter müssen in ihrer ursprünglichen Ruhestätte in Frieden gelassen werden“, betont an dieser Stelle Mekko George Thompson, der seit mehr als vier Jahrzehnten als traditioneller Leiter der sogenannten Hickory Ground Tribal Town tätig ist. „Die Überreste unserer Vorfahren wurden aus ihren letzten Ruhestätten gerissen und entfernt. Wir sind nicht gegen die Entwicklung, aber ein Friedhof ist kein Ort für ein Casino“, so das durchaus verständliche Statement des Hickory-Beauftragten , der darüber hinaus erklärt:
“Kein Geldbetrag ist es wert, unseren Glauben zu verraten und unsere Vorfahren zu missachten. Dieses Land ist heiliger Boden und es muss in seinen heiligen Urzustand zurückversetzt werden. Wir kämpfen damit nicht nur für unsere heutigen Stammesmitglieder, sondern ebenso für unsere Ältesten und für zukünftige Generationen.”
Wie Thompson darüber hinaus erklärt, verstoße der Bau des Poarch Casinos gegen eine ganze Reihe grundlegender US-Bundesgesetze : Erstens gegen das Kulturgutschutzgesetz „Native American Graves Protection and Repatriation Act“, zweitens gegen das 1966 erlassene Denkmalschutzgesetz „National Historic Preservation Act“, drittens gegen das Religionsschutzgesetz „Religious Freedom Restoration Act“ und viertens gegen das Indianerschutzgesetz „Indian Reorganization Act“ von 1934. Die aktuelle Klage des Stammes bezieht sich auf ein Verfahren, das erstmals 2012 eröffnet wurde. Beide Seiten befinden sich seitdem in einem juristischen Konflikt, dessen Wurzeln reichen allerdings noch viel länger zurück.
Zum Verständnis
In der Tat handelt es bei dem 33 Hektar großen Hickory Ground um einen der historisch und spirituell wichtigsten Orte für die Muscogee (Creek) Nation. Die Region ist offiziell als Kulturerbe im „National Register of Historic Places“ der USA eingetragen.
Hickory Ground war zudem auch mitentscheidend für die Gründung der Vereinigten Staaten: Als internationale Nationen wie Frankreich, Spanien und England die Souveränität der neugeborenen USA in Frage stellten, verlieh Präsident George Washington dem aufstrebenden Land die nötige Legitimität, indem er Verträge mit den indianischen Nationen unterzeichnete. So schloss Washington schon 1790 – fast zwei Jahrhunderte bevor Poarch offiziell als Stamm mit über 3.000 Angehörigen anerkannt wurde – einen Vertrag mit der Muscogee (Creek) Nation, der mit 87.000 Stammesangehörigen bis heute als einer der größten Stämme in den Vereinigten Staaten gilt.
Hickory Ground war einst sogar die Hauptstadt des Stammes , bevor die Muscogee (Creek) in den 1830er Jahren gewaltsam in das heutige Oklahoma umgesiedelt wurden. Mit dem Casino entweihe die Poarch Band folglich nicht nur einen heiligen Ort der Muscogee, sondern auch eine „Quelle der Souveränität der Vereinigten Staaten“, so die Vorwürfe von Seiten Mekko George Thompsons.
Konflikt zwischen den Stämmen
Die Poarch Band of Creek Indians sind indessen Betreiber mehrerer Casino Resorts und hatten sich den Hickory Ground bereits 1984 angeeignet. Genau wie die Muscogee (Creek) Nation wurde der Stamm aus seiner ursprünglichen Heimat im Südwesten der USA in den 1830er-Jahren vertrieben und in entsprechende Reservate umgesiedelt. Im Verlauf der Geschichte wurde den Stämmen durch die US-Regierung insgesamt über 8.000 Quadratkilometer Land weggenommen.
Als sich die Poarch Band of Creek Indians den Hickory Ground 1984 aneigneten, geschah dies im Rahmen einer rund 246 Mio. US-Dollar schweren Expansion im Bereich Glücksspiel . Folglich wurden Pläne zum Bau eines 20 Stockwerke hohen Casinohotels bekannt gegeben. Schon damals reichten die Muscogee-Indianer Klage beim U.S. District Court gegen den Bau des Casinos auf dem Hickory Ground ein.
Hickory galt zu dieser Zeit nicht nur als heilige Ruhestätte des Muscogee-Stammes, sondern auch als wertvolle archäologische Ausgrabungsstätte . Die Klage am Bundesgerichtshof blieb dennoch erfolglos. Obgleich die Poarch Band den Muscogee-Angehörigen infolge der Klage versprochen hatte, das Friedhofsgelände zu erhalten, wurde das Casino eben genau dort gebaut.
Abriss und Schadensersatzforderung
Mit der aktuellen Klage wollen die Muscogee nun einen Abriss des Gebäudekomplexes erwirken, die Vorwürfe beziehen sich offiziell auf „rechtswidrige Grabschändung“, eine Wiederherstellung des ursprünglichen Standorts wird gefordert. Mekko Thompson verlangt zudem finanziellen Schadenersatz für die vorsätzliche Verursachung von emotionaler Belastung. Indessen hat sich auch der Stammeshäuptling Chief James Floyd zu dem Fiasko um den alten Friedhof geäußert und seiner Bestürzung Ausdruck verliehen. Im Zitat heißt es:
“Wir haben die Poarch Band damit betraut, diesen Boden auf ewig zu erhalten. Das ist es, was sie uns versprochen haben, doch genau das haben sie nicht gehalten. Sie haben nicht nur eine äußerst wichtige kulturelle, historische und archäologische Stätte entweiht, sondern auch die Überreste unserer Ahnen und heilige Objekte ausgegraben. Sie haben dabei keinerlei Reue gezeigt.”
Deutlich wird, dass der Hickory Ground, auch trotz der „Schändung“, ein integraler Bestandteil des religiösen und zeremoniellen Lebens der Muscogee (Creek) Nation ist. In der Religion der Muscogee gilt es als sakrilegisch (gotteslästerlich), die Körper der Vorfahren in ihrer letzten Ruhestätte zu stören. Die Wiederherstellung der Stätte dürfte somit für die spirituelle Zukunft des Stammes entscheidend sein. Ob das Poarch Casino jedoch tatsächlich abgerissen wird, bleibt vorerst abzuwarten. Der Fall liegt nun erneut beim Bundesgericht auf dem Tisch.