William Hill und Bet365 im Fadenkreuz der Werbeaufsicht
Die britische Werbeaufsichtsbehörde plant das Werbematerial der Buchmacher William Hill und Bet365 vor dem Hintergrund der vergangenen Fußball-WM in Russland zu überprüfen. Es soll zu Richtlinienverstößen gekommen sein, insgesamt stehen 115 Beschwerden im Raum.
Dass es sich um einen Zeitraum von lediglich vier Wochen handeln soll, ist angesichts der Vielzahl an vermeintlichen Rechtsbrüchen nur schwer vorstellbar. Wie die ASA (Advertising Standards Authority) jedoch aktuell bestätigt wurden während des WM-Monats (14. Juni – 15. Juli) mehr als vier Mal so viele Beschwerden gegen die Sportwettanbieter William Hill und Bet365 eingereicht als normalerweise üblich. Das Spektrum der Anschuldigungen ist dabei breitgefächert: Vorwürfe über angeblich viel zu viele Werbeanzeigen, Hinweise auf bedenklich formulierte Kurzzeit-Wettangebote und konkrete Bezichtigungen in punkto Spielerschutzfragen.
WM-Fieber hin oder her: Die britische Werbeaufsichtsbehörde sei zu einer Überprüfung des besagten Werbematerials verpflichtet, wie es heißt. Grundlage für die Untersuchung soll eine im vergangenen Februar etablierte „Glücksspielwerbeanleitung“ sein. Hierbei handelt es sich um einen neuen Leitlinien-Korpus, welcher den britischen ASA-Werbekodex in der Kategorie „Impulsivität und Dringlichkeit“ ergänzt. Die Vorschriften sollen laut einem ASA-Sprecher „klarstellen, dass Anzeigen die Leute nicht übermäßig zum Glücksspiel drängen dürfen“ .
Gemeint sind in diesem Sinne vor allem „dringende Handlungsaufforderungen“ bei zeitlich begrenzten Live-Events wie der Fußball WM. Insbesondere, wenn Minderjährige zugegen sind, sei demnach auf Formulierungen wie zum Beispiel „Bet Now!“ (z. dt. „Jetzt wetten!“) zu verzichten, wie es in den neuen Leitsätzen heißt. In Bezug auf Live-Wetten erklärte die ASA darüber hinaus, dass diese selbst zwar nicht verboten sind, jedoch irreführend, wenn in den Anzeigen nicht explizit auf das Zeitlimit hingewiesen wird. In der Fachpresse heißt es dazu wortwörtlich:
„Die Zuschauer finden dies unverantwortlich und unangemessen. Es gab viele Beschwerden über irreführende Werbespots. Wir regeln zwar nicht die Menge der Anzeigen, die erscheinen, aber unter den gegenwärtigen Zeitplanregeln dürfen Glücksspielanzeigen nicht auf dedizierten Kinderkanälen erscheinen oder in WM-Programmen, die für Kinder sehr wahrscheinlich besonders ansprechend sind.“
Sättigung der Werbung
Die Übertragung von Glücksspielwerbung ist in Großbritannien eigentlich vor 21 Uhr verboten, eine Ausnahme gilt jedoch für Live-Sportveranstaltungen. Wie die britische Zeitung The Guardian berichtet, sollen demzufolge 17 Prozent aller Werbeunterbrechungen während des WM-Monats von glücksspielbezogenen Inhalten gespickt gewesen sein. Untersuchungen der Universität Sheffield am Beispiel der britischen Sendergemeinschaft ITV ergaben zudem, dass die Gesamtdauer der Anzeigen für Glücksspiele im WM-Zeitraum insgesamt über 80 Minuten betrug, während die der normalen Anzeigen etwa 60 Minuten ausmachte. Von 1.300 separaten Anzeigen im Verlauf der Weltmeisterschaft standen demnach 172 im Kontext von Sportwetten.
Britische Medien sprechen von einer glücksspielbezogenen Sättigung der Werbung innerhalb der Live-Übertragungen, was dazu führen könne, dass sich die Konnotation zwischen Glücksspiel und Sport besonders in den Köpfen junger Leute manifestiert. Marc Etches, Geschäftsführer der unabhängigen, britischen Spielerschutz-Organisation GambleAware teilt diese Ansicht:
„Die Sorge ist, da Glücksspiel eine Erwachsenen-Tätigkeit ist, dass junge Leute damit aufwachsen und sich der Zusammenhang für sie normalisiert. Sie werde im Fernsehen werden auf allen Ebenen, sogar innerhalb von Computerspielen über Glücksspielaktivitäten informiert. Es scheint längst zu weit gegangen zu sein. Die Verbindung zwischen Glücksspiel und Sport wird für junge Leute immer stärker. Man sollte vorsichtiger damit sein.“
William Hill und Bet365?
Beide Buchmacher zählen zu den größten Sportwett-Unternehmen des Vereinigten Königreichs – Bet365 gilt gar als globaler Marktführer der Branche. Keiner der Anbieter hat sich indessen, weder zu den Bezichtigungen aus der Bevölkerung, noch zu den Erwägungen der ASA geäußert. Es scheint jedoch vorerst so, als würde hier ein allgemeines Regulierungsproblem auf zwei (natürlich) omnipräsente Marken projiziert. Welche ‚offiziellen‘ Vorwürfe sich letztlich aus der geplanten ASA-Untersuchung ergeben werden, bleibt vorerst abzuwarten.
Indessen fällt William Hill seit dieser Woche durch die Niemand wird durch Glücksspiel verletzt-Kampagne auf – eine Initiative des Betreibers für verantwortungsbewusstes Glücksspiel. Hierzu hat der Betreiber insgesamt neun Verpflichtungen zur Bekämpfung von glücksspielbezogenen Schäden formuliert und in drei Kategorien – Sofortmaßnahmen, Langzeitprogramme sowie Umfassendere Zusammenarbeit – unterteilt. Die zugegebenermaßen ironisch anklingende Frage, ob William Hill auf diesem Wege Gewissenspflege angesichts seiner streitbaren WM-Offensive betreibt, bleibt im Raum.
Im Gegensatz zu UK hat Australien übrigens vor kurzem ein Verbot von Wettannoncen auf Fernsehkanälen während Live-Sportübertragungen eingeführt. Die Sendeanstalten dürfen fortan zwischen 5 und 20:30 Uhr, ab fünf Minuten vor Spielbeginn, bis fünf Minuten nach Ende der Veranstaltung, keine Spots mehr für Wetten übertragen. Laut der australischen Kommunikations- und Medienbehörde (ACMA) werden hier bereits weitere Beschränkungen, insbesondere für Online-Streaming-Dienste geplant.