FOBT-Fiasko: UK vertagt 2-Pfund-Limit auf 2020

Großbritanniens Regierung hat das für 2019 bestätigte 2 Pfund-Limit für FOBTs überraschend auf 2020 verschoben. Verärgerte Abgeordnete sprechen von einer „unmoralischen und gefährlichen Verzögerung“ , während die Buchmacher aufatmen. Das polit-regulatorische Dauerfiasko um UKs umstrittene Spielautomaten scheint kein Ende zu finden.

Ein Pressefoto der britischen Premierministerin Theresa May

Business as usual? Ein persönliches Statement der britischen Premierministerien Theresa May zur Aussetzung des FOBT-Limits gab es bisher nicht. ( Bildquelle )

Der jahrelange Disput zur Entschärfung der britischen FOBTs (Fixed-Odds-Betting-Terminals) schien seit letzten Mai vom Tisch, als die britische Regierung bestätigte, erstens die Maximaleinsätze der digitalen Wettterminals ab 2019 auf 2-Pfund-pro-Spin zu begrenzen und zweitens die Online-Glücksspielsteuer auf 20 Prozent anzuheben, um somit den Staatshaushalt auszugleichen. Das Drama um die berüchtigten ‚Crack-Cocaine‘-Automaten geht aktuell jedoch in die nächste Runde:

Die Einführung der politisch so hart umkämpften wie in Wettbüros gefürchteten Spielerschutzmaßnahme ist bis vorerst 2020 ausgesetzt worden. Wie es heißt habe das konservative Kabinett um Premierministerin Theresa May die letztendliche, notarielle Genehmigung der Richtlinie schlichtweg nicht abgesegnet – obgleich die britische Glücksspielkommission (UK Gambling Commission, UKGC) das resolute 2 Pfund-Limit seit Jahren befürwortet – und obgleich die stringente Maßnahme seit April auch von Schatzkanzler Philip Hammond und Digitalminister Matt Hancock gefordert wird.

Zwar hatte sich die seit 2016 amtierende britische Regierungschefin May schon Anfang Januar für eine deutliche Reduktion der FOBT-Maximaleinsätze ausgesprochen, doch mit Blick auf die Härte der Regulierung sowie absehbare Fiskalrisiken, sei sämtlichen Beteiligten diesbezüglich eine längere Vorbereitungszeit einzuräumen. Nach Schätzungen aus Branche und Politik drohe dem Vereinigten Königreich infolge der drastischen FOBT-Drosselung ein bis zu 400 Mio. Pfund tiefes Haushaltsloch.

Durch eine Erhöhung der Online-Glücksspielsteuer um fünf Prozent ließen sich laut britischem Finanzministerium dahingegen aber nur 200 Mio. Pfund generieren. Die Entscheidung zum Aufschub sei zwar kurzfristig, doch sowohl im Sinne der Glücksspielbranche, als auch im Interesse des britischen Finanzministeriums, heißt es laut britischen Medien .

Doch dieser Aufschub ist nicht im Sinne des britischen Parlaments. Ein Großteil der Abgeordneten hatte sich in den letzten Monaten für eine Angleichung der FOBTs an herkömmliche Spielautomaten stark gemacht. In einer Umfrage aus dem April wurde die radikale 98 Prozent-Reduktion der Einsätze von über 60 Prozent der Abgeordneten bejaht.

FOBTs im Zwielicht

Die bevorzugt in Wettbüros platzieren FOBTs gelten, bereits seit ihrer Einführung 2001, als das unregulierte ‚Enfant terrible‘ am britischen Glücksspielmarkt. Da FOBTs neben herkömmlichen Slots auch klassische Casinospiele, vorwiegend virtuelles Roulette, anbieten, dürfen an den Extremslots bislang Maximaleinsätze von bis zu 100 Pfund pro Spielrunde verpulvert werden, bei Höchstgewinnen von bis zu 500 Pfund. Experten stufen die Extremslots daher als hochgradig suchtgefährdend ein.

Laut UKGC sind über 14 Prozent aller FOBT-Zocker bereits als Problemspieler registriert. In diesem Kontext wird besonders die Verteilung der Schuldenmaschinen kritisiert: Die Dichte an FOBTs fällt in den ärmeren Gegenden UKs etwa doppelt so hoch aus als anderswo. Dass sich die britischen Buchmacher somit vermehrt an den ohnehin Ärmsten der Armen bereichern, ist Glücksspielgegnern wie Spielsuchtverbänden seither ein Dorn im Auge.

Nichtsdestotrotz sind in UK inzwischen über 33.000 FOBTs registriert, die meisten in den Filialen von William Hill und Ladbrokes Coral. Jede Maschine bringt seinem ‚Halter‘ im Schnitt rund 55.000 Pfund pro Jahr ein. Die ach so verteufelten Roulette-Roboter sind damit unlängst zu höchst bedeutsamen Wirtschaftsträgern am britischen Glücksspielmarkt avanciert – was sich demgemäß auch auf politscher Ebene wiederspiegelt.

Doppelmoral auf Kosten der Armen

In einer aktuellen Erklärung der Local Government Association (LGA) , die die Kommunalräte ganz Großbritanniens vertritt, wird behauptet, dass die Verzögerung der FOBT-Regulierung vor allem auf den „inakzeptablen Druck“ der Wettindustrie zurückzuführen sei, welche die frühzeitige Umsetzung blockiert habe. Die Räte seien sehr besorgt über diese Entwicklung. Jüngst betonte der Vorsitzende des LGA-Ausschusses für Sicherheit und Gemeinschaft, Simon Blackburn, gegenüber igamingbusiness :

„Die Regierung muss sich jedem Druck widersetzen und schnell handeln, um diese Veränderungen umzusetzen, um weiteren Schaden in unserer Gesellschaft zu verhindern.“

In der Tat ließ der Verband britischer Buchmacher in puncto FOBT-Limit verlauten, dass eine überstürzte Regulierung über 4.000 Ladenschließungen und 21.000 Jobverlusten zur Folge hätte. Weiterführend wurde im Vorfeld der Aufschiebung damit argumentiert, innerhalb einer Vorlaufzeit von zwei Jahren Umsätze von über 3,6 Mrd. Pfund (~ 4,1 Mrd. Euro) durch FOBTs einfahren zu können – die jedoch in Anbetracht einer 2-Pfund-Grenze wiederum auf dem Spiel stünden. Bezüglich des Aufschubs erklärte zuletzt ein Sprecher des Verbands:

„Der Umsetzungszeitraum ist Angelegenheit der Regierung, ein angemessener Zeitrahmen würde aber Personalumschichtungen, freiwilligen Entlassungen oder Neuverhandlungen und Kündigungen von Leasingverträgen lokalen Lieferanten in geordneter Weise Weg ermöglichen.“

Dass es sich bei den vermeintlichen Umsätzen von 3,6. Mrd. Pfund zu einem nicht unerheblichen Anteil um Geld aus den Armenkassen handelt, wird infolge der Vertagung durch die LGA zwar kritisiert, dürfte den hiesigen FOBT-Anbietern Großbritanniens jedoch klar sein – ebenso auch Theresa May, die sich persönlich bislang nicht zu der Entscheidung geäußert hat. In der Branche wird indessen darüber spekuliert, ob es 2019 dennoch zu einer Erhöhung der Online-Glücksspielsteuer kommen wird.

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