Ex-Lottochefin Sieb reicht Klage ein
Die Affäre um angebliche Vetternwirtschaft, Veruntreuung und potenzielle Geldwäsche bei Lotto Sachsen-Anhalt sorgte im letzten Jahr regelmäßig für Schlagzeilen. Ein parlamentarischer Lotto-U-Ausschuss deckte viele Unstimmigkeiten auf, was zum Rauswurf des Chef-Duos Ralf von Einem und Maren Sieb führte. Letztere hat nun Klage am Landgericht Magdeburg eingereicht und fordert vom Land eine Gehaltsfortzahlung. Wie sehen die Entwicklungen im Details aus?
Klage trotz schwerwiegender Vorwürfe
Infolge eines Skandals um potenzielle Geldwäsche wurde das Lotto-Chefgespann Maren Sieb und Ralf von Einem im September 2020 fristlos entlassen . Mit Diplom-Kaufmann Stefan Ebert hat Lotto Sachsen-Anhalt längst einen neuen Geschäftsführer gefunden, der das Ansehen des Unternehmens wiederherstellen soll. Maren Sieb will sich aber scheinbar nicht so leicht ins Abseits befördern lassen und hat nun Klage auf Gehaltsfortzahlung eingereicht.
Die Klage erfolgt, obwohl der Ex-Lottochefin schwerwiegende Vorwürfe gemacht wurden – unter anderem Vetternwirtschaft, illegale Fördermittelvergaben und Seilschaften im Personalwesen. Der Lotto-U-Ausschuss bestätigte zwar, dass sich viele Vorwürfe im Laufe der Untersuchung nicht verhärtet haben, dennoch genügten die Ergebnisse, um Sieb fristlos zu entlassen. Am Landgericht Magdeburg ist nun ein Prozess über die Lotto-Affäre und Maren Sieb angelaufen.
Weil Sieb im Herbst entlassen wurde, fordert sie nun Geld für den Zeitraum von September 2020 bis Mai 2021 – das heißt, seit dem Zeitpunkt ihrer Abberufung als Geschäftsführerin. Laut Medienberichten geht es um eine niedrige sechsstellige Summe . Das Verfahren ist zweistufig: Erstens findet ein sogenannter Urkundenprozess statt, was bedeutet, dass alle dem Gericht bekannten Tatsachen durch Dokumente bewiesen werden.
Etwaige Zeugenbefragungen sind an dieser Stelle also nicht mehr nötig. Dasselbe gilt für die Sicherstellung und Vorlage weiterer Beweismittel. Sofern Sieb im Urkundenprozess Recht erhält, kommt es in der zweiten Stufe zum Nachverfahren , welches den Prozess zum endgültigen Abschluss bringt. Hier würde auch die Entscheidung darüber getroffen, ob Sieb Anspruch auf die Gehaltsfortzahlung hat.
Unter anderem stand das Personalwesen im Fokus des Lotto-U-Ausschusses – vor allem die Besetzung von sieben Bezirksleiterstellen, die 2018 mit rund 1,5 Millionen Euro auf Provisionsbasis bezahlt wurden. Die Stellen wurden lediglich über Facebook und auf der Lotto-Webseite ausgeschrieben. Laut Rechnungshof seien daher nur sieben bis zwölf Bewerbungen eingegangen. Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren sei obendrein nicht hinreichend dokumentiert worden. Laut Lotto Sachsen-Anhalt sollen die Dokumente aus Datenschutzgründen vernichtet worden sein. Ob verwandtschaftliche Beziehungen bei der Jobvergabe eine Rolle gespielt haben, ist bis heute ungeklärt.
Geldwäscheverdacht in Zerbster Filiale
Mit Blick auf Maren Sieb wurde in der Beschlussempfehlung an den Landtag Sachsen-Anhalt von Verselbstständigung, Risikobereitschaft und übertriebener Umsatzorientierung gesprochen. Hintergrund für die Vorwürfe waren vor allem dubiose Wettplatzierungen in einer Lottofiliale in Zerbst, wo es 2017 innerhalb eines halben Jahres zu außergewöhnlich hohen Spieleinsätzen und Gewinnausschüttungen gekommen war.
Neun Großspieler sollen über 100.000 Euro an Wetteinsätzen bei Oddset platziert haben – die Gewinne waren ebenfalls auffallend hoch. Schnell stand der Verdacht von Geldwäsche im Raum, da die Vorgänge von der Geschäftsführung nicht hinreichend transparent gemacht wurden. Woher die Gelder ursprünglich stammen, ist bis heute ungeklärt.
Allerdings ist die Tatsache brisant, dass Maren Siebs Ehemann eine neuartige Lotto-Software mitentwickelt hatte, was zusätzliche Fragen aufwarf, die jedoch allesamt unklar blieben. Inzwischen wurde die Filiale dicht gemacht – Finanzminister Michael Richter sprach eine außerordentliche Kündigung aus. Die Rede war von einem gebrochenen Vertrauensverhältnis und geschäftsschädigendem Verhalten.
Auch andere deutsche Lottogesellschaften hatten sich in der Zwischenzeit zu den Vorgängen in Sachsen-Anhalt geäußert: So erklärten Lotto Bayern und Lotto Niedersachsen sich bereits 2018 an Sieb gewandt zu haben, um auf die ungewöhnlich hohen Spieleinsätze in Zerbst aufmerksam zu machen. Man habe Bedenken über geschäftsschädigendes Verhalten zum Ausdruck gebracht und ein Einsatzlimit vorgeschlagen. Lotto Sachsen-Anhalt soll folglich erklärt haben, die Vorgänge zu überprüfen, doch weitere Rückmeldungen blieben aus.
Lotto-Neuausrichtung unter Stefan Ebert
Längere Zeit war unklar, wer zukünftig in die Chefetage von Lotto Sachsen-Anhalt einzieht. Seit Juni obliegt die Geschäftsführung nun dem Diplom-Kaufmann Stefan Ebert. Der 53-jährige Magdeburger und studierte Betriebswirtschaftler bringt mehr als 25 Jahre Berufserfahrung mit in die Lottogesellschaft. Diverse Führungspositionen hatte er bereits inne, unter anderem im Controlling. Zudem war er CEO bei mehreren Tochterunternehmen großer Handelskonzerne in Hamburg.
Mit dem neuen Geschäftsführer habe man einen gestandenen Manager für die Führung von Lotto Sachsen-Anhalt gewonnen, so das Kredo des Lotto-Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Webel . Man sei überzeugt, dass er mit seiner Erfahrung und seiner persönlichen Kompetenz einen großen Beitrag dazu leisten wird, die erfolgreiche Landesgesellschaft in ruhigem Fahrwasser zu halten. Laut Ebert liege sein Fokus auf der Gewährleistung eines ebenso sicheren wie und attraktiven Spieleangebots.