Facebook klagt gegen dubiose Glücksspielwerbung

Das US-amerikanische Social Media-Netzwerk Facebook plant Klage gegen das britische Start Up-Unternehmen „The Spinner“ einzureichen. Im Fokus stehen vermeintlich unlautere Werbeanzeigen, die die Facebook-Nutzer gezielt manipulieren und dazu ermutigen würden, an Online Glücksspielen teilzunehmen. Die Rede ist gar von „Gehirnwäsche“. Was genau steckt dahinter?

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bei einer Konferenz.

Aufgrund von Datenschutzfehlern steht Facebook-Gründer Mark Zuckerberg seit längerem selbst am Pranger. (©Wikipedia)

Beeinflussung durch „Sniper Targeting“

Der Social Media-Gigant Facebook erwägt rechtliche Schritte gegen das in London stationierte Start Up-Unternehmen The Spinner einzuleiten. Facebook wirft der Firma vor, ebenso gezielte wie manipulative Werbeanzeigen zu schalten , die die Nutzer dazu animieren, in etwaigen Online Casinos zu spielen. Die Betreiber sprechen gar von „Gehirnwäsche“, es handle sich demnach um gezielte, sprich, individuell zugeschnittene Platzierungen von Werbeanzeigen in Bezug auf Online Glücksspiele. Doch was genau macht die Reklamen von The Spinner so brisant?

Bei The Spinner handelt es sich um eine laut Forbes „geheimnisvolle“ britische Werbeagentur, die auf individuelle Werbung in sozialen Netzwerken, das heißt, personalisierte Reklamen für einzelnen Nutzer spezialisiert ist. Konkret bietet die Firma ihren Kunden an, sogenannte „Sniper Targeting“-Anzeigen mithilfe von Cookies zu schalten. Die Art der Anzeigen variiert je nach Vorgaben des jeweiligen Auftraggebers und steht in Verbindung mit allen zum jeweiligen Thema gehörenden Blog-Einträgen und Artikeln.

Dubioses Marketingkonzept

Die Kritik von Facebook kommt nicht von ungefähr, denn The Spinner selbst spricht ebenfalls davon, seine jeweilige Zielgruppe einer „Gehirnwäsche“ zu unterziehen. Das Unternehmen behauptet Facebook (und andere Social Media-Plattformen) dazu zu benutzen, Glücksspielanbieter dabei zu unterstützen, Menschen für ihre Zwecke zu manipulieren , damit diese ihr Geld in diverse Online-Casinospiele investieren. The Spinner beschreibt sein dubioses Konzept eingängig auf seiner Webseite, dort heißt es im Wortlaut:

“The Spinner ist ein Dienst, mit dem Sie eine bestimmte Person unbewusst beeinflussen können, indem Sie die Inhalte der Webseiten steuern, die die Person üblicherweise besucht. Die Zielperson wird wiederholt Hunderten von Titeln ausgesetzt, die als redaktioneller Inhalt platziert und getarnt werden.”

Noch deutlicher wird das manipulative Konzept, wenn man sich den genauen Wortlaut der geschalteten Anzeigen ansieht. Je nach Kunde und Zielgruppe heißt es dort zum Beispiel: „Warum sie Sex mit ihrem Ehemann haben sollten“ – hierbei handelt es sich um Anzeigen von Ehemännern, die sich wie zu vermuten mehr sexuelle Initiative von ihren Ehefrauen wünschen. Eine weitere Anzeige lautet: „Warum könnte eine Rauchentwöhnung die beste Entscheidung ihres Lebens sein“ – eine Anzeige, bei der es darum geht, ein Familienmitglied davon zu überzeugen mit dem Rauchen aufzuhören. Ein Video, in dem genauer auf die Methoden des Unternehmens eingegangen wird, findet sich hier .

Gezielte Glücksspielwerbung

Laut Facebook gehören allerdings nicht mehr nur Privatleute zu den Kunden von The Spinner, sondern auch eine Reihe von Online Glücksspiel-Anbietern. The Spinner sollte deren Produkte demnach nicht nur bewerben, sondern auch potenzielle Spieler unbewusst davon überzeugen, in Online Casinos zu spielen . Facebook-Sprecher Elliot Shefler erklärt diesbezüglich:

“Im Jahr 2019 haben einige Online Casino-Betreiber damit begonnen, diese Methode zu nutzen, um ihre bereits bestehende Kundschaft, hauptsächlich Slot-Spieler, zu beeinflussen, damit sie sich häufiger anmelden und öfter spielen. Diese betroffenen Spieler sind in den sozialen Netzwerken inzwischen Hunderten von Artikeln mit Titeln wie „Mann auf Wisconsin knackt 1,3 Mio. US-Dollar Jackpot bei Flamingo“ oder „Man aus Las Vegas gewinnt 150.000 US-Dollar Jackpot im Vegas-Area Casino“ ausgesetzt.”

Shefler erklärt fortführend, dass es sich bei den besagten Anzeigen um redaktionelle Artikel handelt, die auf durchaus bedeutsamen Nachrichtenseiten veröffentlicht wurden. Das heißt, es handelt sich nicht um kostenpflichtige Anzeigen, die ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein bestimmtes Unternehmen offen und klar bewerben. Der Facebook-Sprecher spricht daher von einem „offensichtlichen Mangel an Transparenz“, was „moralisch fragwürdig“ sei. Es handle sich unter dem Strich um „unethische Werbepraktiken“, vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass hiermit womöglich auch unter 18-jährige ins Visier genommen werden.

Kinder und Jugendliche betroffen?

Laut Shefler sollen die Casinoanbieter durch die Sniper Targeting-Methode tatsächlich mehr Spielaktivitäten verzeichnen als mit bezahlten Werbereklamen. Mit Blick auf die fraglichen Werbepraktiken verweist Shefler allerdings darauf, dass letztlich nicht das Unternehmen The Spinner, sondern die Auftraggeber, sprich, Online Casinos, ihre Zielgruppen definieren. Es deuten in diesem Zusammenhang verschiedene Aspekte darauf hin, dass sich unter den Zielpersonen auch Minderjährige befinden.

Wie aus Berichten von Forbes hervorgeht, belegen inzwischen zahlreiche Studien, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die im Internet Glücksspielen nachgehen, in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, wobei sich die Zahl der unter 18-jährigen Spieler in Großbritannien zwischen 2016 und 2018 vervierfacht hat . Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2016 ergab, dass 10 Prozent der 13 bis 19-jährigen in den letzten drei Monaten in Online Casinos gespielt hatte. Laut einer Studie der britischen ASA (Advertising Standards Authority) werden in sozialen Netzwerken inzwischen mehr 13-jährige mit Glücksspielwerbung konfrontiert als erwachsene Glücksspielkunden.

Dass Facebook unter diesen Gesichtspunkten Alarm schlägt verwundert kaum. Shefler erklärt, dass The Spinner durch seine Aktivitäten gegen mehrere FB-Richtlinien verstoßen hat , einschließlich inakzeptabler Geschäftspraktiken. „Wir ergreifen Durchsetzungsmaßnahmen gegen The Spinner und prüfen rechtliche Möglichkeiten“, so das abschließende Kredo des Sprechers.

Wenn man jedoch bedenkt, dass Facebook selbst innerhalb der letzten Jahre aufgrund verschiedenster Datenschutzskandale immer wieder ins mediale Kreuzfeuer geraten ist, wirkt die Debatte um The Spinner geradezu ironisch. Ob es tatsächlich zu einem gerichtlichen Verfahren gegen das Unternehmen kommt, bleibt vorerst abzuwarten.

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