Lotto-Ausschuss fordert bessere Aufsicht

Seit September 2019 untersuchte der Magdeburger Lotto-U-Ausschuss die Vorgänge bei Lotto Sachsen-Anhalt, was zur fristlosen Entlassung der Geschäftsführer|-in Maren Sieb und Ralf von Einem führte. Im Raum standen Verdächtigungen der Geldwäsche, illegalen Fördermittelvergabe und Vetternwirtschaft. Nun hat der Ausschuss sein finales Urteil gefällt: Dem Landtag wird empfohlen die Kontrollen zu verstärken, Compliance-Strukturen zu verbessern und die Besetzung des Aufsichtsrats und Beirats zu überprüfen.

Hunderteuroscheine hängen an einer Wäscheleine.

Verdacht auf Geldwäsche: Bei einer Lottofiliale in Zerbst kam es zu dubiosen Wettplatzierungen. ©Alexas_Fotos/Pixabay

Steppuhn (SPD) fordert mehr Transparenz

Im November 2019 hatte der Lotto-U-Ausschuss seine Zeugenbefragungen gestartet , im vergangenen Februar hatte Ex-Geschäftsführerin Maren Sieb die Aussage verweigert. Jetzt liegt eine Beschlussempfehlung an den Magdeburger Landtag vor: Die Verdächtigungen der Geldwäsche, illegalen Fördermittelvergabe und Vetternwirtschaft haben sich demnach nicht weiter verhärtet. Dennoch wird der Regierung empfohlen für mehr Transparenz zu sorgen, Umstrukturierungen vorzunehmen und die Aufsicht zu verbessern.

Der Lotto-U-Ausschuss empfiehlt vor allem einen kritischen Blick auf die derzeitigen Strukturen zu werfen: Die Glückspielaufsicht benötige mehr Personal. Zudem müssten ihre Kompetenzen erweitert werden – Auskünfte müssten für die Kontrollgremien leichter einholbar sein. Des Weiteren wird empfohlen die momentane Besetzung des Lotto-Aufsichtsrats und -Beirats genauer unter die Lupe zu nehmen.

Angesichts der rechtlichen und technischen Komplexität solle die bislang eher an einer Verteilungsgerechtigkeit orientierte Besetzung der Gremien stärker unter fachlichen Gesichtspunkten erfolgen, kommentierte an dieser Stelle der Ausschussvorsitzende Andreas Steppuhn (SPD). Zugleich solle Lotto Sachsen-Anhalt dafür sorgen, seine geschäftlichen Aktivitäten, Aufgaben und Ziele transparenter zu machen. Stellen dürften nur nach strengen Qualitätskriterien besetzt werden.

Im Fokus des Lotto-U-Ausschusses stand unter anderem das Personalwesen, besonders die Besetzung von sieben Bezirksleiterstellen, die 2018 mit rund 1,5 Millionen Euro auf Provisionsbasis bezahlt worden sein sollen. Dies, obwohl die Stellen lediglich über Facebook und auf der Lotto-Seite ausgeschrieben wurden. Laut Rechnungshof seien daher nur sieben bis zwölf Bewerbungen eingegangen. Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren sei darüber hinaus nicht hinreichend dokumentiert worden. Laut Lotto sollen die Dokumente aus Datenschutzgründen vernichtet worden sein. Ob verwandtschaftliche Beziehungen bei der Jobvergabe eine Rolle gespielt haben, ist bis heute unklar.

Dubiose Oddset-Wetten in Zerbst

In Bezug auf Maren Sieb wird in der Beschlussempfehlung an den Landtag Sachsen-Anhalt von Verselbstständigung, Risikobereitschaft und übertriebener Umsatzorientierung gesprochen. Hintergrund sind unter anderem dubiose Wettplatzierungen in einer Lottofiliale in Zerbst . Dort kam es 2017 innerhalb eines halben Jahres zu außergewöhnlich hohen Spieleinsätzen und Gewinnausschüttungen.

Neun Großspieler sollen über 100.000 Euro an Wetteinsätzen bei Oddset platziert haben. Auch die Gewinne waren auffallend hoch. Der Verdacht von Geldwäsche stand schnell im Raum, da die Vorgänge von der Geschäftsführung nicht hinreichend transparent gemacht wurden. Woher die Gelder ursprünglich stammen, ist bis heute ungeklärt.

Brisant ist allerdings, dass der Ehemann von Maren Sieb eine neuartige Lotto-Software mitentwickelt haben soll, was eine Reihe zusätzlicher Fragen aufwarf, die ebenfalls ungeklärt blieben. Die Filiale wurde inzwischen geschlossen. Finanzminister Michael Richter sprach eine außergewöhnliche Kündigung aus. Außerdem war die Rede von geschäftsschädigendem Verhalten und einem gebrochenen Vertrauensverhältnis.

Andere deutsche Lottogesellschaften hatten sich in der Zwischenzeit ebenfalls zu den Vorgängen in Zerbst geäußert. So bekundeten Lotto Bayern und Lotto Niedersachsen sich bereits 2018 an die Lottogesellschaft gewandt zu haben, um auf die außergewöhnlich hohen Spieleinsätze aufmerksam zu machen. Man habe Bedenken über geschäftsschädigendes Verhalten zum Ausdruck gebracht und ein Einsatzlimit vorgeschlagen. Lotto Sachsen-Anhalt soll folglich erklärt haben, die Vorgänge überprüfen zu wollen, weitere Rückmeldungen blieben jedoch aus.

Vergabe von Fördermitteln bleibt unklar

Laut Steppuhn habe am Ende keine Zeit mehr zur Verfügung gestanden, um noch genauer auf die Vergabe von Fördermitteln zu schauen. Grund sei das nahende Ende der Legislaturperiode . Dabei handelte es sich hierbei um einen der wichtigsten Kritikpunkte, die gegen Lotto Sachsen-Anhalt ursprünglich von AfD hervorgebracht wurden. Diese hatte im Juni 2019 Anzeige bei der Magdeburger Staatsanwaltschaft gegen Maren Sieb gestellt.

Laut Gesetz sollen die Fördermittle ein möglichst breites Spektrum an gemeinnützigen Initiativen in sozialen, kulturellen und sportlichen Bereichen abdecken. In Sachsen-Anhalt solle es allerdings zu einer Reihe fragwürdiger Förderungen gekommen sein: Die Historische Kuranlage und das Goethetheater Bad Lauchstädt sollen rund 273.000 Euro an Fördergeldern erhalten haben, was die gesetzlich vorgeschriebene Höhe (75.000 Euro) um das Dreifache übersteigt.

Auch die Förderfähigkeit der Institutionen ist fraglich, denn beim Goethetheater handelt es sich um eine 100-prozentige Landesorganisation . Die gemeinnützige Kulturbetriebsgesellschaft wird ebenfalls vom Land Sachsen-Anhalt vertreten. Hauptgesellschafter ist das örtliche Finanzministerium. Laut Gesetz sind Fördermittelvergaben an Landeseinrichtungen ausgeschlossen.

Hierdurch kam unlängst eine bundesweite Debatte ins Rollen: Zum Beispiel wird nun auch in Thüringen mehr Transparenz bei Lotto gefordert . Kritik äußerte dort der Rechnungshof – bisher seien die Vorgaben im Glücksspielgesetz zu allgemein formuliert. Man wisse nicht, wozu die Fördermittel genau verwendet werden . Der Lotto-U-Ausschuss in Sachsen-Anhalt betonte allerdings, dass das grundlegende System des staatlichen Glückspiels intakt sei.

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