Neue Online Poker-Steuer riskant
Der GlüStV 2021 sieht die Marktöffnung für Online Casinos, Online Sportwetten und Online Poker ab Juli vor. Eine Debatte über die Besteuerung der Anbieter ist längst entfacht. Trotz massiver Kritik von Ökonomen will der Bundesrat nun eine Überarbeitung des Rennwett- und Lotteriegesetzes vornehmen – Online Poker und Online Spielautomaten werden demnach mit einer Steuer von 5,3 Prozent auf die Spieleinsätze belastet. Droht der Markt unter dieser Steuerlast zu kippen?
Modernisierung eines Gesetzes von 1922
Die Inkraftsetzung des neuen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) ab Juli ist seit der Bewilligung von 13 Bundesländern beschlossene Sache. Unklarheiten herrschen immer noch in Bezug auf die Besteuerung des milliardenschweren Marktes vor. Der Bundesrat sieht an dieser Stelle Modernisierungsbedarf beim Rennwett- und Lotteriegesetz von 1922 , einem der ältesten noch gebräuchlichen Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland.
Die Länderkammer warnte, dass das Gesetz keine Besteuerung für moderne Online Glücksspiele vorsieht. Dem soll nun Abhilfe geschaffen werden. Durch die Legalisierung des Online Glücksspiels sei, so der Bundesrat , eine Überarbeitung zwingend notwendig. Online Poker und Online Spielautomaten sollen daher in das Gesetz aufgenommen und gleichermaßen mit einer Steuer von 5,3 Prozent auf die Spieleinsätze besteuert werden.
Wie aus den Ausführungen des Bundesrats hervorgeht, würde dieses Steuermodell den Zielen des neuen Staatsvertrags entgegenkommen. Erstens würde das Modell dazu beitragen, das bisher illegale Spieleangebot in die Legalität zu überführen, zweitens würde Spielsucht bekämpft und der Verbraucherschutz bestärkt . Der Entwurf wurde jüngst der Bundesregierung übermittelt – im Bundestag soll entschieden werden. Experten, Forscher und Branchenvertreter sehen das Modell jedoch kritisch.
Das Rennwett- und Lotteriegesetz (kurz: RennwLottG, RWLG) ist ein 1922 in Kraft gesetztes deutsches Steuergesetz über die Besteuerung von Wetteinsätzen bei Sportwetten, Pferderennen und Lotterien. Im Jahr 2017 lag das Gesamtaufkommen bei über 1,8 Milliarden Euro. Die Steuer wird auch als Totalisatorsteuer bezeichnet. Es handelt sich um eine sogenannte indirekte Steuer, die über die Bundesländer geregelt wird. Gemeinnützige Zweckabgaben für sportliche, kulturelle und soziale Zwecke sind hiervon zu unterscheiden. Bisher fiel eine Steuer von fünf Prozent auf die Wetteinsätze an, bei Lotterien beträgt der Satz 20 Prozent.
Gleichsetzung von Poker und Automaten
Da es europaweit üblich ist, die Bruttospielerträge und nicht die Spieleinsätze zu besteuern, haben Universitäten wie die RUB (Bochum) und die HHU (Düsseldorf) bereits eindringlich vor dem Steuermodell gewarnt. Eine Einsatzsteuer verspreche dem Fiskus zwar besonders hohe Steuereinnahmen – die Finanzministerien rechnen mit über 1,3 Milliarden Euro – doch könnten die Anbieter unter dieser Steuerlast nicht mehr konkurrenzfähig bleiben.
Für Fragen sorgt nun obendrein die geplante Gleichsetzung von Online Poker und Online Spielautomaten. Für Online Poker könnte sich die Einsatzsteuer höchstdramatisch auswirken, denn hier sind die Gewinnmöglichkeiten für Spieler viel begrenzter als am Automaten. Während man beim Online Spielautomaten gegen die Zufallsgeneratoren eines Casinos spielt und je nach Spiel hohe Gewinne einfahren kann, spielt man beim Poker gegen andere Spieler.
Laut Gesetzentwurf gilt beim Online Poker das ursprünglich an den Tisch mitgebrachte Geld als Spieleinsatz. Ein Spieler, der mit 200 Euro an den Tisch kommt, hat effektiv also nur 194,7 Euro. Besonders gravierend würde sich die Steuerregel daher zum Beispiel bei einem Fast Forward-Spiel auswirken, wo sich das Bankroll innerhalb kürzester Zeit in Luft auflösen würde.
Bessere Konditionen auf dem Schwarzmarkt?
Darüber hinaus handelt es sich bei einem Pokerspiel um einen abgeschlossenen Geldkreislauf – ist das Spiel einmal gestartet, kommt kein Geld mehr dazu. Die 5,3 Prozent-Steuer könnte wie eine zusätzliche Rake wirken, womit eine Teilnahme eher unattraktiv erscheinen dürfte . Sollte die Einsatzsteuer tatsächlich durchgesetzt werden, ist also damit zu rechnen, dass das legale Angebot für Spieler nicht mehr attraktiv genug ist. Die Konditionen auf dem Schwarzmarkt wären schlichtweg besser.
Wie negativ sich das in Deutschland geplante Steuermodell auf das Pokern auswirken könnte, zeigt ein Blick auf die fraglichen Modelle von Nachbarstaaten wie Schweiz und Österreich. Durch das Schweizer Geldspielgesetz ist Online Poker am Glücksspielmarkt kaum vertreten. In Österreich sorgte die sogenannte Gewinnstgebühr unter anderem dafür, dass der frühere Pokerkönig Peter Zanoni millionenschwere Schulden beim Staat anhäufte. Der inzwischen insolvente Unternehmer sprach von einer Erdrosselung, seine CCC-Kette ist mittlerweile dauerhaft geschlossen.
Scharfe Kritik vonseiten der Forschung
Jüngst warnte die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität eindringlich vor der Einführung einer Einsatzsteuer. Prof. Dr. Justus Haucap, Daniel Fritz und Dr. Susanne Thorwarth gelangten – genau wie die Uni Bochum – nach einer eingängigen Analyse zu dem Schluss, dass das Steuermodell eine erfolgreiche Kanalisierung der Kunden in den legalen Markt gefährdet. Die Untersuchung vollzog sich am Beispiel der Einsatzsteuer für Online Spielautomaten.
Wie aus der Studie, welche vom Deutschen Online Casino-Verband (DOCV) in Auftrag gegeben wurde, hervorgeht, müssten die Anbieter seriöser Online Casinos unter dieser Steuerlast ihre Auszahlungsquoten angleichen . Die Einsatzsteuer würde wie eine verhundertfachte Bruttospielertragssteuer wirken, weshalb die RTP (Return to player) von 96 Prozent auf mindestens 90 Prozent gesenkt werden müsste.
Dies hätte zur Folge, dass die legalen Produkte für Spieler nicht mehr attraktiv genug sind. Das höchste Ziel des neuen Staatsvertrags – die Kanalisierung – würde dadurch massiv gefährdet. Brisant ist, dass auch alle anderen Ziele des neuen Staatsvertrags von diesem obersten Ziel abhängen. Ob die Gesetzgeber der Bundesrepublik an dieser Stelle noch Überarbeitungen vornehmen werden, bleibt vorerst abzuwarten.