Schweizer Volk wird über Netzsperren abstimmen

Der Schweizer Bundesrat hat die Volksabstimmung über das umstrittene Geldspielgesetz zugelassen. Das Gesetz erlaubt ausschließlich einheimischen Casinos, Onlinespiele anzubieten. Ausländische Webseiten sollen blockiert werden. Dagegen hatten sich vor allem die Jungparteien ausgesprochen.

Plakat der Jungparteien gegen Zensur im Netz

Eine Initiative der Jungparteien hat mit ihrer Unterschriftensammlung die Volksabstimmung erzwungen. (Quelle: Twitter)

Den Kritikern geht es dabei in erster Linie nicht um das Thema Glücksspiel. Sie befürchten viel mehr eine grundsätzliche Fehlentwicklung bezüglich der Freiheit des Internet. Die Jungfreisinnigen, Junge GLP und Junge SVP hatten ein gemeinsames “Komitee gegen Internet-Zensur und digitale Abschottung” ins Leben gerufen. Sie sammelten knapp 60.000 Unterschriften, um eine erneute Volksabstimmung zu dem Thema zu erzwingen. Nach Beglaubigung und Überprüfung durch die Bundesregierung wurde der Mindestwert von 50.000 gültigen Stimmen erreicht.

Damit ist ein Zwischenziel erreicht. Jetzt kann das Volk die vom Parlament verordnete Internet-Zensur und die gefährliche Entwicklung hin zu einer digital abgeschotteten Schweiz abwenden. Andri Silberschmidt , Co-Präsident des Komitees

Die Kritiker haben noch viel Arbeit vor sich. Nun geht es darum, die Bevölkerung zu überzeugen. Der Bundesrat hat die Abstimmung für den 10. Juni 2018 angesetzt. Dass das Votum im Sinne der Jungparteien ausfallen wird, ist noch nicht sicher.

Das Geldspielgesetz in seiner jetzigen Form basiert nämlich bereits auf einer Volksabstimmung von 2012 und wurde von einer breiten Mehrheit getragen. Damals ging es allerdings nur am Rande um die Onlinebranche. Zentrale Anliegen des Referendums waren die Vereinfachung des komplizierten Glücksspielrechts durch geänderte Zuständigkeiten und die Verteilung der Spielerträge auf Rentenversicherung und Kantone. Darüberhinaus wurde festgelegt, dass Geldspiele allgemein nur von lizensierten Betreibern angeboten werden dürfen. Das sollte auch für den Onlinesektor gelten, ob und wie man eine Lizenz erhalten sollte, blieb dabei weitestgehend unbestimmt.

Heimatschutz durch Abschottung

Das konkrete Gesetz erarbeiteten ab 2016 Bundesrat, Ständerat und Nationalrat. Die einheimische Casinobranche soll dabei erhebliche Lobbyarbeit betrieben haben. Im Ergebnis einigten sich die gesetzgebenden Kammern auf eine Lösung, die vor allem der Schweizer Glücksspielindustrie entgegen kommen sollte. Nur wer die Lizenz zum Betrieb eines physischen Casinos in der Schweiz innehat, darf im Internet Geldspiele anbieten. Damit wurde praktisch die gesamte bestehende Online Casino Industrie für illegal erklärt.

Doch anders als Deutschland, das bei ähnlicher rechtlicher Einordnung nicht gegen das Internetglücksspiel vorgeht, bauten die Schweizer konkrete Vorschriften für den Umgang mit illegalen Casinos ins Gesetz ein. Durch Netzsperren sollten Schweizer am Zugang zu den Seiten gehindert werden. Praktisch werden dazu die Internetprovider in die Pflicht genommen, ihre Kunden beim Aufruf der Seiten auf Sperrmeldungen umzuleiten. Die Provider opponierten gegen die Entscheidung, man befürchtete einerseits auf den Kosten des Verfahrens sitzen zu bleiben und andererseits den Unmut der Kunden zu erregen. Denn die Architektur des Netzes macht gezielte Sperrungen aufwendig, es kann leicht zu Overblocking kommen, wodurch neben den Seiten der Online Casinos legale Angebote unerreichbar wären.

Schweizer haben wenig Alternativen

Hinzu kam Kritik von Digitalverbänden, die Eingriffe in die Freiheit des Netzes grundsätzlich ablehnen. Überdies seien die Sperren ungeeignet, eine Umgehung auch mit wenig technischem Verständnis möglich. Befürchtet wurde außerdem die Schaffung eines Schweizer Internet zu Lasten der Kunden. Weitere einheimische Industrien könnten ausländische Konkurrenz aus dem Netz verbannen wollen. Man denke an den Einzelhandel gegen Amazon oder die Hotelbranche gegen Airbnb.

Am Ende bliebe den Schweizern weniger Auswahl bei geringerer Qualität. Im Bereich des Online Gamblings ist dies bereits Realität. Die einzigen legalen Anbieter im schweizer Netz sind die physischen Casinos. Diese verfügen lediglich über minimal ausgebaute Onlinepräsenzen, von der Qualität und Funktionalität der großen ausländischen Anbieter ist man meilenweit entfernt. Doch das stärkste Argument der Gegner des Geldspielgesetzes dürfte darin bestehen, die Vorteile eines freien Netzes nicht nur für Spieler, sondern für die gesamte Bevölkerung zu betonen.

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