Volksabstimmung gegen Netzsperren in der Schweiz
Schweizer Jungparteien haben ausreichend Stimmen für ein Referendum des Geldspielgesetzes zusammengetragen. Damit wollen sie die Aussperrung ausländischer Online Casinos aufheben lassen. Dass die Organisationen dabei Hilfe aus der Industrie angenommen haben, sorgt für Kritik.
Nicht nur in Deutschland wird dieser Tage über Zensur im Netz diskutiert. Während hierzulande das Netzdurchsetzungsgesetz zu hitzigen Debatten um die freie Meinungsäußerung führt, heißt der Stein des Anstoßes in der Schweiz Geldspielgesetz. Auf dessen Grundlage sind seit letztem Jahr Netzsperren aktiv. Das Spielen auf Seiten ausländischer Online Casinos ist bei den Eidgenossen verboten, nur Angebote von Unternehmen mit Offline-Lizenz sind erlaubt.
Allerdings war dieser Zustand bis vor Kurzem eher theoretischer Natur, praktisch konnte man sich problemlos auch bei internationalen Casinos registrieren. Wovon viele Schweizer denn auch Gebrauch machten, nicht zuletzt weil die heimische Online Glückspielindustrie kaum ausgebaut ist. Damit ist allerdings seit letztem Jahr Schluss. Der Gesetzgeber hat Internetprovider verpflichtet, den Zugang zu ausländischen Casinoseiten zu sperren. Praktisch handelt es sich dabei eher um Netzumleitungen – beim versuchten Zugriff auf eine der verbotenen Seiten wird der Schweizer Internetnutzer auf eine Seite mit entsprechendem Hinweis umgeleitet.
Die Jugendorganisationen nehmen das Thema auf
Gegen diesen Eingriff in die Freiheit des Netzes haben viele Seiten opponiert. Internetprovider, Netzverbände und die sogenannten Jungparteien. Letztere kündigten Widerstand an und sammelten Unterschriften für eine Volksabstimmung. Mit Erfolg, insgesamt 65.000 Menschen unterstützen den Vorstoß, 50.000 Unterschriften hätten genügt. Zwar müssen diese bis spätestens 18. Januar noch beglaubigt werden, doch danach ist der Weg zum Referendum frei.
Den Jungpolitikern geht es dabei in erster Linie nicht um den Zugang zu Glücksspielen im Internet. Es geht um den Erhalt eines offenen und freien Netzes. Sie befürchten den „Dammbruch“ durch das Geldspielgesetz. Denn die Einflussnahme der Schweizer Glücksspielindustrie auf das Gesetzgebungsverfahren zeigte vor allem eines: Den heimischen Unternehmen geht es um Protektion. Die eigenen Onlineprodukte können international nicht mithalten, also müssen ausländische Seiten gesperrt werden. Kritiker der Netzsperren fürchten daher, dass auch andere Branchen ähnliche Maßnahmen fordern werden. Wer sich durch Angebote aus dem Netz gefährdet sieht, könnte mit Verweis auf die Casinos ebenfalls Sperren fordern.
Einflussnahme aus dem Ausland?
Doch die vermeintlichen Retter des freien Netzes stehen selbst in der Kritik. Das für das Referendum zuständige Komitee sei von ausländischen Glücksspielfirmen finanziert worden, nur dank dieser Hilfe sei es gelungen, die nötigen Unterschriften zusammenzubekommen. Der Präsident der maßgeblichen beteiligten Partei „Die Jungfreisinnigen“, Andri Silberschmidt, gibt dies un Gespräch mit der Luzerner Zeitung auch unumwunden zu. Diese Zusammenarbeit diene den Interessen der Schweiz insgesamt. Dass auch die ausländischen Firmen von einer Zulassung profitieren würden, würde daran nichts ändern:
Mit einer Zulassung ausländischer Anbieter könnte die Schweiz künftig mehr Steuern generieren als mit dem vorliegenden Gesetz. Andri Silberschmidt , Präsident der Jungfreisinnigen
Anders sehen das hingegen die Jungen Grünen, die aufgrund der Zuwendungen durch die Industrie getrennt auf die Jagd nach Unterschriften gingen. Sollten nach dem noch laufenden Beglaubigungsverfahren mehr als 50.000 gültige Unterschriften vorhanden sein, wäre dies allerdings nur der erste Schritt zur Beseitigung der Netzsperren. Das Schweizer Stimmvolk müsste sich erst noch mehrheitlich gegen das Geldspielgesetz aussprechen. Und die dafür nötige Medienarbeit dürfte kostspielig sein. Die Jungpolitiker hoffen dabei auf die Hilfe des Wirtschaftsverbandes der digitalen Schweiz, Swico. Doch vermutlich würden sich auch internationale Glücksspielunternehmen an den Kosten beteiligen wollen. Dass man sich damit erneut der Kritik aussetzen würde, sollte den Beteiligten klar sein.